Leben in den Gastfamilien
Kurze Nächte, lange Tage
Die Nächte sind kurz, die Tage scheinen mehr als 24 Stunden zu haben, doch alle sind glücklich und stets satt gegessen. „Hier will ich bleiben“, hört man jene sagen, die sich in ihren Gastfamilien leider nur mit Händen und Füßen verständigen können. Anfangs schien das ein Problem zu sein, doch spätestens beim gemeinsamen Tanzen und Feiern in Czchów am Freitagabend wussten alle: nicht die Sprache verbindet uns, sondern unser gemeinsamer Glaube.
Katharina Bieber – von unseren Gasteltern stets „Kasia“ genannt – summt ununterbrochen die Hymne des Weltjugendtages auf Polnisch, bedankt sich gefühlte hundert Mal am Tag auf Polnisch bei unserer Gastfamilie für das leckere Essen und freut sich, wenn beim Frühstück die polnische Kinderserie „Bolek i Lolek“ läuft. Auch wenn wir streng genommen alle keine Kinder mehr sind: In dieser fröhlichen Gesellschaft fällt es jedem schwer, ruhig zu sitzen. Wir lachen, während wir vor Erschöpfung gähnen, erzählen mit vollen Mund von unseren Erlebnissen in den Gastfamilien und winken während unseres Pilgerausflugs allen polnischen Dorfbewohnern zu – eine Freude, die ansteckt. Nur an einem müssen wir Deutschen wohl noch arbeiten: an unserem Gesang. Doch trotz Textausfällen und schiefen Tönen mag man uns.
Und man mag uns nicht nur in unseren Gastfamilien. Das ganze Dorf scheint gewissermaßen in einem Ausnahmezustand zu sein. Jede Familie trägt dazu bei, dass uns die Tage der Begegnung in schöner Erinnerung bleiben. Einige backen Kuchen, andere Stellen ihre Boote für uns zur Verfügung und sogar der Pfarrer persönlich bot uns ein atemberaubendes Rockkonzert. Wir erleben hier eine wunderbare Zeit. Dabei sind es gar nicht unbedingt die großen Attraktionen, die diese Tage schon jetzt unvergesslich machen. Es sind die herzlichen Umarmungen, die Sorge um uns und die gemeinsamen Gottesdienste, die uns sagen lassen: Ja, hier will ich bleiben.