Ganz im Zeichen der Nachhaltigkeit
Nächstenliebe mit Abenteuer, KIZ vom 27. Juli 2019 (Auszug)
... "Natürlich geht es dabei auch um Geld, Abrechnungen und Bürokratie. Doch der BDKJ-Bundespräses Dirk Bingener sieht das Problem einer verloren gehenden Attraktivität: „Die Bewerberzahlen gehen bundesweit zurück.“ Andere, zum Teil kommerzielle Programme scheinen erfolgreicher. Eine Einschätzung, die der Vertreter des BMZ, Johannes Lauber, im Ansatz bestätigte: „Erstmals sind 2018 tatsächlich die Zahlen der Bewerber zurückgegangen.“ Zuvor waren sie stetig gewachsen. Konsequenz des Ministeriums: „Wir bereiten eine Kampagne vor, um den Wert des Dienstes aufzuzeigen.“ Das zeige zudem den durchaus großen Stellenwert, den der Freiwilligendienst im BMZ genießt: „Eine unschätzbare Erfahrung für junge Menschen, mit der anderen konkret geholfen wird.“ Dieser besondere Wert liegt für Lea Pohl zum einen in der intensiven Begleitung, den Freiwillige bei ihrem Einsatz erfahren. Sie selbst hat sich vor 2016/17 in Bolivien engagiert und ist seit diesem Jahr Mitglied der Bolivienkommission des Bistums. Zum anderen: Alternative Angebote mögen in kürzerer Zeit mehr Einsatzorte versprechen. „Aber wirklich Menschen begegnen kann nur, wer sich in ein Projekt einarbeitet.“ Allerdings müssen sich das BMZ und die Träger des Dienstes auch fragen, wie sie verstärkt andere Zielgruppen erreichen können – zum Beispiel junge Menschen, die eine Berufsausbildung machen. Ein weiteres Problem ist nach den Worten von Präses Bingener die Unwucht zwischen ausgesendeten („outgoing“) und nach Deutschland kommenden Freiwilligen („incoming“): 800 Plätze für die Incoming-Freiwilligen gibt es bundesweit, nur 650 konnten jetzt besetzt werden – „da geht noch was“. Ein Problem dabei: die Visa-Vergabe durch deutsche Botschaften. „Da müssen wir politisch ran“, sagt der grüne Bundestagsabgeordnete Ottmar von Holtz. Das Mitglied des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung nennt ein Beispiel: Bei einem Austauschprogramm zwischen Namibia und Deutschland können Deutsche ohne Schwierigkeiten in das afrikanische Land einreisen. Umgekehrt gehe das nicht: „Das kann so nicht bleiben.“ (Rüdiger Wala)
Am letzten Juniwochenende, 28. bis 30. Juni 2019, war es so weit – Anlässlich des 30-jährigen Bestehens der internationalen Freiwilligendienste des Bistums Hildesheim stand erneut ein Rückkehrer*innen-Wochenende an.
Am Freitag um 17 Uhr ging es los: Wir ehemaligen Freiwilligen aus den Jahrgängen 2010/11 bis 2017/18 trafen uns im Family Inn in Hildesheim und auch die derzeitigen Incoming-Freiwilligen aus Bolivien reisten aus Hannover, Garbsen, Wolfsburg und Bremen an. Insgesamt fanden 18 Teilnehmer den – teilweise mehr, teilweise weniger – weiten Weg nach Hildesheim. Nachdem wir uns zunächst alle ein wenig "beschnuppert" oder uns über das Wiedersehen gefreut haben, gab es eine kurze Vorstellungsrunde.
Endlich wurde auch Licht ins Dunkel gebracht, denn wir erfuhren, worum es während des Wochenendes inhaltlich gehen sollte. Das Thema auf der Agenda: Nachhaltigkeit.
Zum „sanften“ Einstieg ins Thema widmeten wir uns zunächst den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen und tauschten uns dazu aus, wo Deutschland u.a. in Bezug auf sauberes Trinkwasser, das Gesundheitssystem, nachhaltigen Konsum und Geschlechtergleichheit unserer Meinung nach aktuell steht.
Nach dem gemeinsamen – und vor allem leckeren – Abendessen nahm uns Daniel Ramos Gutiérrez, Doktorand der Biologe an der Georg-August-Universität in Göttingen, mit einem spannenden Vortrag zum Amazonasgebiet auf eine spannende Reise durch Südamerika mit und das Thema Nachhaltigkeit wurde damit weiter vertieft. Viele von uns konnten in der Zeit ihres Freiwilligendienstes bereits in dieses einzigartige Biotop eintauchen und so schwelgte der ein oder andere in (Reise-)Erinnerungen. Doch Daniel erzählte uns auch viel Neues über die Artenvielfalt dieses seltenen Ökosystems, die Entwicklung in den letzten Jahren und auch über negative Einflussfaktoren wie etwa die politische Lage in Brasilien. Diese einzigartige Region beeindruckte uns alle wieder einmal aufs Neue und der Vortrag machte große Lust auf die Workshops am nächsten Tag. Anschließend ließen wir den Abend bei deutsch-spanischen Gesprächen, mit Knabbereien und etwas Wein gemütlich ausklingen.
Der folgende Tag begann früh: Nach dem Frühstück trafen wir uns um 9 Uhr im Konferenzraum oben unterm Dach des Family Inn. Nach einem kurzen Warming Up (WUP) ging es an die Gruppenaufteilung für die ersten Workshops. Die nachhaltigen Themen des Vormittags: Fleischkonsum, Wasserverfügbarkeit und Nachhaltigkeitssiegel. Und weil nicht weniger wichtig, kümmerte sich eine weitere Gruppe um das Kochen des Mittagessens.
Die Idee hinter den Workshops war es, sich nicht nur auszutauschen, sondern für die Partnerschafts-gebetswoche im September ansprechende und vor allem lehrreiche Plakate zu erstellen, von denen alle ehemaligen Freiwilligen und Engagierte in der Bolivienpartnerschaft profitieren sollen. Jede Gruppe suchte sich ein gemütliches und an diesem heißen Tag vor allem ein schattiges Plätzchen und los ging's mit Austauschen, Diskutieren, Nachfragen, Fakten raussuchen, Filme und Dokus schauen und und und ... Zum Mittagessen (Quinoa-Risotto – yummie!) trafen sich dann alle wieder im Gemeinschaftsraum und im Anschluss stellte jede Gruppe die erarbeiteten Inhalte vor.
Nachmittags ging es so ähnlich weiter. Diesmal widmeten wir uns den Themen Müll, Mode, Edelmetalle und Reisen. Wieder suchte sich jede Gruppe einen Rückzugsort, um das jeweilige Thema zu erarbeiten und anschließend das gleiche Spiel: Damit jeder alle Themen und Inhalte mitbekam, trafen wir uns in großer Runde und stellten die Ergebnisse vor. Am Ende des Tages waren wir mehr als zufrieden. Insgesamt sieben kreativ gestaltete Plakate zu wichtigen Aspekten der Nachhaltigkeit waren unser Ergebnis. Das Abendessen hatten wir uns also mehr als verdient.
Bevor wir den lauen Sommerabend in geselliger Runde draußen vor dem Haus mit música latina, Snacks und Getränken verbringen konnten, gab es noch eine hitzige Diskussion zu unserem Beitrag für die am nächsten Tag anstehenden Feierlichkeiten der Bolivienkommission zum Freiwilligendienstjubliäum. Am Ende einigten wir uns auf ein lustig-lockeres "Aramsamsam" – ein Kinderlied, das fast alle aus ihrem Freiwilligendienst kannten, sowohl in Deutschland als auch in Bolivien. Mit diesem Ohrwurm verabschiedeten wir uns gegen 1 Uhr ins Bett.
Auch der Sonntag begann früh. Nach dem gemeinsamen Frühstück und einer kurzen Aufräumaktion ging es Richtung Dom. In der Bischofsmesse, die wir aktiv mitgestalteten, wurden die neuen Freiwilligen, denen diese aufregende Zeit noch bevorsteht, von Bischof Dr. Heiner Wilmer ausgesandt. Danach gingen die Feierlichkeiten im Mutterhaus der Vinzentinerinnen weiter – zunächst mit etwas Zeit für Erinnerungen und Gespräche, bei einem gemeinsamen Mittagessen. Abschließend stand eine Talkrunde zur Zukunft des Freiwilligendienstes auf dem Programm. Vorab blickten ehemalige Freiwillige auf ihren Einsatz zurück und erzählten über ihre Erfahrungen, die sie mit den Menschen in den Einsatzstellen und den Gegebenheiten im Einsatzland gemacht haben und wie der Dienst ihr weiteres Leben geprägt hat. In der Talkrunde, ging es um Geld und Bürokratie, Attraktivität /Aktualität, Engagement nach dem Dienst/Nachhaltigkeit und Sorgen im FWD (mehr darüber s. Artikel links).
Doch vorher war unser großer Moment gekommen: Als eine Art Flashmob stimmten wir vor Beginn der Talkrunde unser „Aramsamsam“ an und sorgten damit für mächtig Stimmung. Am späten Nachmittag machten sich dann alle wieder auf den Weg nach Hause, verstreut durch Deutschland und mit tollen Gesprächen und Begegnungen im Herzen.
Auf ein Neues!
(Verfassserin: Leonie Kraft)