Zwei Flügel auf Reisen
Die Bernwardtür steht ab 7. Mai im Roemer- und Pelizaeus-Museum Hildesheim
Hildesheim (bph) Die Domsanierung macht es nötig: In diesen Tagen wird die berühmte Bernwardtür, die zum Hildesheimer Weltkulturerbe gehört, im Westwerk der Bischofskirche aus ihren Angeln gehoben, um vorübergehend eine andere Bleibe zu finden. Bis zum Abschluss der Sanierungsarbeiten ist sie im Hildesheimer Roemer- und Pelizaeus-Museum zu sehen, das seine prominente Leihgabe mit einem attraktiven Rahmenprogramm umgibt.
Zuerst fiel das Alte Testament. Am gestrigen Montag lösten die Männer des Spezialunternehmens Hasenkamp aus Frechen den linken Seitenflügel der monumentalen Bronzetür mit den Szenen aus dem Alten Testament von seinem gewaltigen Rahmen, um ihn bis zum Abtransport im Dom zwischen zu lagern. Projektleiter Matthias Szarata und seine acht Mitarbeiter aus Frechen legten nach stundenlangen Vorbereitungen zunächst zwei stählerne Spannrahmen mit Gummipuffern um den Türflügel, bevor ein Auslegekran den Flügel stehend ins Kircheninnere hob, wo er dann flach auf ein gepolstertes Gerüst gelegt wurde. Heute konnte der rechte Türflügel auf die gleiche Weise gesichert werden, so dass die Männer von Hasenkamp die Bronzetür am Dienstag oder Mittwoch mit ihrem Spezialtransporter ins benachbarte Museum fahren. Dort wird sie eben so aufwändig wieder aufgestellt.
Das Unternehmen Hasenkamp hat Erfahrung mit solchen nicht alltäglichen Aufträgen. Im vergangenen Jahr brachte der internationale Logistikdienstleister die Christussäule vom Dom in die Michaeliskirche und hat sich auch durch den Transport andere Kulturgüter einen guten Namen gemacht.
Unter den Bronzetüren des Mittelalters nimmt die Bernwardtür einen besonderen Rang ein. Mit einer Höhe von 4,72 Metern und einer Flügelbreite von 1,12 beziehungsweise 1,14 Metern und einem Gewicht von rund 1,85 Tonnen pro Flügel ist sie eines der größten Ensembles seiner Art und wird nur noch von den Bronzetüren in Verona, Trani und Monreale übertroffen, die aber erheblich jünger sind. Deren Flügel sind zudem aus einzelnen Teilen zusammen montiert, aber nicht in einem Stück gegossen, wie die beiden Türflügel in Hildesheim. Einzigartig ist auch die raumgreifende Reliefbildung. Nahezu vollplastisch lösen sich die Figuren vom Oberkörper aufwärts von der Grundfläche.
Ein Rahmenwerk teilt jeden der beiden Türflügel in acht übereinander liegende Bildfelder. Die absteigende Folge links setzt ein mit der Erschaffung Adams. Es schließen sich an die Hochzeit von Adam und Eva, Sündenfall, Gottesurteil, Vertreibung aus dem Paradies, darauf das Erdenleben des ersten Menschenpaares, das Opfer von Kain und Abel und der Brudermord mit dem Urteil, das an Kain ergeht. Rechts steigt die Reihe auf und zeigt Szenen aus dem Neuen Testament. Angefangen mit der Verkündigung an Maria, über die Geburt Christi, die Anbetung der Könige, die Darstellung im Tempel, Das Verhör Jesu, Kreuzigung und die Frauen am leeren Grab Jesu bis zum Osterbild der Begegnung des Auferstandenen mit Maria Magdalena.
Gearbeitet wurde die Tür im Wachsausschmelzverfahren. Dabei formt man das komplette Werk zunächst in Wachs vor und bedeckt es dann mit Sand oder Lehm. Anschließend wird das Wachs geschmolzen und der entstehende Hohlraum mit flüssigem Metall gefüllt.
Vermutlich hat Bernward seine monumentale Tür um das Jahr 1000 für den Dom fertigen lassen. Dem Wortlaut der Stifterinschrift folgend muss sie 1015 vollendet gewesen sein. Sicher ist, dass Bernwards Nachfolger Godehard im Westen des Domes einen neuen Haupteingang anlegen und die Türflügel dorthin überführen ließ. Den Dombrand von 1046 überstand das Kunstwerk unversehrt. Erst als im zweiten Weltkrieg mit Bombenattacken zu rechnen war, hat man Bernwards Tür aus ihren alten Angeln geschlagen und in Sicherheit gebracht. Im wiederaufgebauten Dom wurden sie dann 1960 mitsamt dem Gewände der Hezilozeit an die Westfront der Vorhalle versetzt. Im Zuge der Domsanierung wird die Bernwardtür in das Innere des Domes versetzt und gedreht, so dass sich das Bildprogramm dem Eintretenden zeigt, wie es der Stifter ursprünglich geplant hatte.
Nach ihrer Versetzung in das Roemer- und Pelizaeus-Museum kann die Bernwardtür ab Freitag, 7. Mai, während der normalen Öffnungszeiten besichtigt werden. Dann gilt der aktuelle Eintrittspreis. Im Rahmen einer Stadtführung können sich Besucher auch nur die Bernwardtür ansehen und zahlen dann 1 Euro pro Person. An jedem ersten Sonntag im Monat ist die Bernwardtür zwischen 11 und 12 Uhr kostenlos zu besichtigen. Ab 11.30 Uhr nähern sich dann Studierende der Universität Hildesheim unter der Leitung von Jan Hellwig und Willfried Beck der Bronzetür auf eine musikalisch-literarische Art unter dem Motto „Musik und Wort an der porta salutis“.
Information:
Roemer- und Pelizaeus-Museum Hildesheim
Am Steine 1-2, 31134 Hildesheim
Tel.: (05121) 9369-0
Internet: www.rpmuseum.de
Öffnungszeiten: Di. bis So. 10 bis 18 Uhr