Weihe statt Wirtschaft
Stefan Mispagel und Martin Tigges werden am 28. März zu Diakonen geweiht
Hildesheim (bph) Sie kennen das Leben – und wollen ihm als Priester dienen. Stefan Mispagel (32) aus Giesen bei Hildesheim und Martin Tigges (34) aus Hannover werden am 28. März um 10 Uhr im Hildesheimer Dom von Weihbischof Hans-Georg Koitz zu Diakonen geweiht. Im kommenden Jahr, voraussichtlich am Pfingstsamstag, folgt dann die Priesterweihe.
Der Weihe zum Priester geht in der katholischen Kirche in der Regel die Weihe zum Diakon voraus. Schon dann versprechen die Weihekandidaten dem Bischof Gehorsam, Armut und Ehelosigkeit und stellen sich ganz in den Dienst der Kirche. Wenn Mispagel und Tigges Ende März vor die Stufen des Altares treten, bringen sie neben ihrer theologischen Ausbildung auch ein interessantes „Vorleben“ mit, das eines gemeinsam hat: Beide haben vor ihrem Theologiestudium Wirtschaftswissenschaften studiert.
Stefan Mispagel ist zusammen mit seinen zwei älteren Brüdern in Giesen aufgewachsen. Geboren wurde er im katholischen Bernwardskrankenhaus in der Bischofsstadt Hildesheim und legte hier an der Innerste am Bischöflichen Gymnasium Josephinum 1996 sein Abitur ab. Nach der Reifeprüfung blieb er zunächst in der Bischofsstadt und machte eine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Dresdner Bank. 1998 begann er das Studium der Wirtschaftswissenschaften an der privaten Universität Witten/Herdecke und schloss dies 2003 mit dem Diplom ab. Daraus hätte eine geradlinige Karriere in der freien Wirtschaft werden können – wurde es aber nicht. „Ich habe gespürt, dass das nicht alles sein konnte“, verrät Mispagel rückblickend. Den Wahlspruch seiner Universität „Zur Freiheit ermutigen, soziale Verantwortung fördern, nach Wahrheit streben“ nahm er wörtlich und gönnte sich im Jahre 2000 eine Auszeit von einem halben Jahr. In einer Missionsstation südlich von Madras in Indien arbeitete er gemeinsam mit einem Pfarrer an einem Schulprojekt der „Aktion Indien e.V.“, die Jahre zuvor von seinem Vater mitgegründet worden war. Sechs Monate, die ihn sehr beeindruckt haben und zu einer ungewöhnlichen Erkenntnis brachten: „Ich habe bei dem Missionspfarrer erleben dürfen, wie reich ein Leben sein kann, das in einem unbedingten Gottvertrauen und der Liebe zu Gott gründet.“ So folgte dem Wirtschaftsstudium ohne Umwege bis zum Herbst 2008 das Theologiestudium bei den Jesuiten von St. Georgen bei Frankfurt. Drei Semester seines Studiums verbrachte Mispagel in München, wo er insbesondere seine Liebe für die Liturgie entdeckte. Dort bewegte ihn vor allem die Frage, wie Gottesdienste gestaltet sein müssen, damit Kirchenferne sich angezogen fühlen.
Eine Frage, der sich Stefan Mispagel auch in seinem künftigen Leben als Priester stellen möchte. Doch zunächst wartet das Diakonatsjahr auf den Weihekandidaten. Ab April wird er ein Jahr lang in der Gemeinde St. Martin in Hannover-Ost arbeiten. Er freue sich darauf, endlich in die Praxis zu kommen, sagt Mispagel und bekennt doch freimütig, auch ein wenig „weiche Knie“ zu haben. Von einem jedenfalls ist der Ökonom und Theologe felsenfest überzeugt: „Gott hat etwas vor mit dieser Kirche und er führt uns durch die Zeit“.
Martin Tigges stammt aus dem Bistum Münster. Dort, in Epe bei Enschede an der holländischen Grenze, wuchs Tigges mit seiner älteren Schwester als Sohn „katholischer Sauerländer“ auf und war viele Jahre Jungkolping-Mitglied. Nach dem Abitur 1994 zog es ihn zum Studium der Ökonomie an die Universität Hannover. Bis 1998 studierte Tigges dieses Fach, doch glücklich war er mit seinem Studium da schon lange nicht mehr. Es folgten mehrere Jahre praktischer Arbeit im Bereich Marketing. Angestellt war er in dieser Zeit bei zwei Marketingagenturen und einem großen Nahrungsmittelhersteller. „Auf Dauer hat mich das aber auch nicht ausgefüllt“, sagt Tigges heute. Seine ehrenamtliche Mitarbeit in der katholischen Pfarrgemeinde Heilig Kreuz in Hannover-Altwarmbüchen – wo Tigges all die Jahre wohnte – gab seiner Suche dann eine neue Richtung. Bei der Arbeit mit der Firmgruppe spürte Tigges, dass dies sein Berufsweg werden könnte und das Vorbild des Pfarrers bestärkte ihn darin. So trat Martin Tigges 2003 ins Bischöfliche Priesterseminar ein und studierte bis zum Sommer 2008 Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule PTH St. Georgen in Frankfurt, denn inzwischen fühlte er sich dem Bistum Hildesheim stärker verbunden als dem Bistum Münster, da ihm die Pfarrgemeinde Heilig Kreuz zu einer neuen geistlichen Heimat geworden war. Zwei Semester hat Tigges zudem bei den Salesianern in Benediktbeuern studiert.
Nach seiner Weihe wird Martin Tigges in der Gemeinde St. Marien in Alfeld als Diakon arbeiten, dort wieder viel mit Menschen zu tun haben und freut sich nach eigenen Worten sehr darauf. Ob er dabei Zeit für sein altes Hobby haben wird, ist aber fraglich: Als Jugendlicher hat Martin Tigges begeistert Akkordeon gespielt und nimmt die „Quetschkommode“ noch heute gern in die Hand, wenn er seine Eltern in Epe besucht.