„Was ist eine gute Religion?“
Bischof Trelle stellt Frage nach Wirkung des Glaubens in modernen Gesellschaften
Der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle sieht die Religionen weltweit in einer „kulturellen Krise“. In seiner Predigt auf der Frühjahrsvollversammlung der deutschen Bischöfe in Hildesheim stellte er am Donnerstagmorgen die Frage, wie sich absolute Wahrheitsansprüche mit unserer modernen Gesellschaft vertragen können.
Gute Religion „nimmt jeden Menschen in wirkliche Gemeinschaft auf“, nannte Trelle ein wesentliches Merkmal. Sie produziere keine Feindbilder und „erkaufe sich die Hinwendung zu Gott nicht mit einer Abwendung vom Menschen“, betonte der Hildesheimer Oberhirte. Religion müsse vermitteln, dass es möglich ist, „bedingungslos zu lieben, ohne selbst der Dumme zu sein, dass im Verzeihen die Freiheit ihre Würde erhält, wie sie sich selbst auf Verzeihung angewiesen erfährt.“
Angesichts der aktuellen Gräueltaten islamistischen Terrors warnte Trelle eindringlich vor einer Gleichsetzung dieser Ereignisse mit der Religion des Islams: „Muslimische Bürger tragen ebenso zum Gemeinwohl und zum moralischen Zusammenhalt der Gesellschaft bei wie dies christliche Bürger und Gemeinschaften tun.“ Trotzdem stelle sich die Frage, ob Religionen generell „als irgendwie irrationale Gebilde“ gefährlich seien, ob „Religion in ihrem Glutkern zerstörerisch“ ist? Die Antwort des Bischofs: Unverträglich mit unserer Gesellschaft seien Religionen, die zu Gewalt aufrufen und die Menschen belügen. „Eine Religion, die immer nur siegen will, statt sich mit den Schwächsten zu solidarisieren – eine solche verlogene Religion ist eine schlechte.“
„Die gute Religion stellt sich den geschlossenen Systemen der Welt entgegen und führt über uns hinaus“, sagte der Bischof. Im Letzten sei „gute Religion sich selbst nicht das Absolute“ und werde auch „nicht als Erfolgsgeschichte erzählt“, verwies Trelle auf die Erzählungen vom leidenden Hiob und dem krähenden Hahn bei der Jesus-Verleugnung durch Petrus. Im Zentrum einer guten Religion stände daher immer das Gebet, „das uns in Einsamkeit und Not rettet.“