Von Sehnsucht, auf den Weg machen und Ankommen

Es ist das perfekte Wetter, um sich auf den Weg zu machen. Nicht zu heiß, der Himmel etwas bewölkt und es weht ein leichter Wind. Zu zweit, zu dritt oder zu fünft starten die jungen Pilgerinnen und Pilger an der Kirche St. Godehard in Göttingen, gehen zunächst am Fluss unter Bäumen entlang, unter Brücken hindurch und an Feldern vorbei. Ab und zu gesellt sich Bischof Heiner zu einer Gruppe. Er möchte von den Jugendlichen wissen, was sie zurzeit gerade am meisten beschäftigt - aber auch, wer Gott für sie ist. Und er weiß: „Das ist eine sehr persönliche Frage und es ist meistens leichter, über jedes andere Thema zu reden.“ 

Aber bereits beim ersten Stopp im Schatten einer Pappel geht es dann doch erstaunlich leicht: „Gott spüre ich in der Natur“, sagt eine Teilnehmerin. Für den vierzehnjährigen Henrik ist Gott Hoffnung. Die junge Studentin Louisa fühlt, dass Gott sie auffängt, wenn es ihr nicht gut geht. 

Und bereits auf der Hälfte der Strecke, bei einer Pause mit Wasser, Äpfeln und Müsliriegeln aus dem Begleitbulli, sprechen die Jugendlichen auch darüber, wohin die Reise der katholischen Kirche gehen soll. Louisa, Celine und Johannes leben für ein Jahr zusammen in einer geistigen Wohngemeinschaft, in der sie für sich erfahren wollen, was Glaube ihnen bedeutet. Die drei wünschen sich von der Kirche mehr Mut zur Veränderung und mehr Haltung als Tradition.  

Gerade für die jungen Menschen müsse jetzt mehr gemacht werden, findet auch Henrik, der sich zurzeit auf seine Firmung vorbereitet. Er geht davon aus, dass auch wieder mehr Menschen in die Kirche kämen, wenn sich diese jetzt verändere. So wäre es auch richtig, wenn Frauen Priesterinnen werden könnten. Das würde außerdem gegen den Priestermangel helfen.  

Louisa sieht es als zentrale Aufgabe der Kirche an, sich den Menschen zuzuwenden, die sich engagieren und für diese eine Gemeinschaft zu schaffen. „An Gott glauben kann ich doch auch allein im Wald“, findet sie, „aber Gemeinschaft erleben, das ist für mich Kirche.“ 

Nach weiteren 8 Kilometern, noch vielen Gesprächen und langsam doch müden Füßen erreicht die Pilgergruppe ihr Ziel Friedland. Während der Abschlussandacht in der Kirche St. Norbert, direkt gegenüber des Grenzdurchganglagers, erinnert Bischof Heiner daran, dass zahlreiche Menschen bereits in Friedland angekommen sind – nach Flucht, nach Vertreibung: „Menschen, die viel Leid erfahren haben und hier ankommen mit Hoffnung und der Sehnsucht danach, eine neue Heimat zu finden.“  

Heimat bedeute, bleiben zu dürfen, so sein zu können wie man ist und ein Ort, an dem andere einen verstehen. Heimat sieht Bischof Heiner Wilmer auch als ein zentrales Thema in der Kirche. „Kirche ist ein Ort, wo Sehnsucht ein Zuhause hat. Auch die Jugendlichen wünschen sich, dass sie in der Kirche zusammenkommen können und Ruhe finden. Die Kirche solle ein Gemeinschaftsort und Heimat für Alle sein, egal welcher Konfession sie angehören, aus welchem Land sie kommen und welchem Geschlecht sie angehören. Ein Ort, an dem sie sich austauschen können und Spiritualität finden und das auch jenseits der bisherigen kirchlichen Strukturen“, sagt Bischof Wilmer.  

Glaube sollte seiner Meinung nach auch nicht getrennt vom Alltag gesehen werden. „Beten, sprechen, essen“, beschreibe dieses Verständnis gut. An dem heutigen Pilgertag von Göttingen nach Friedland kam auch noch das Laufen hinzu.  

Für Jugendliche gibt es noch einen weiteren Pilgertermin, an dem sie unterwegs mit Bischof Heiner ins Gespräch kommen möchten. Der letzte Termin des Bischofspilgern ist am 30.9.: Unterwegs in Braunschweig. Da geht es mit Paddelbooten auf die Oker.  

Hier gibt es mehr Informationen und können sich Interessierte anmelden: www.jugend-bistum-hildesheim.de/aktionen/bischofspilgern/