Über den fachlichen Tellerrand schauen
Katholisches Forum Niedersachsen diskutierte über den Bildungsauftrag der Hochschulen
Hildesheim/Hannover (bph) Die Welt wächst zusammen. Brauchen wir da nicht auch international vergleichbare und anerkannte Studienabschlüsse? Und was soll ein Universitätsabsolvent eigentlich können? Diese Fragen stellte das „Katholische Forum Niedersachsen“ am Dienstagabend, 11. Oktober, im Alten Rathaus Hannover einer Runde von Experten. „Von Faust zum Fachidioten. Zum Bildungsauftrag der Hochschulen“ so der Titel der Veranstaltung. Einig waren sich die Diskutanten vor allem in einem Punkt: Ein guter Akademiker hat mehr als nur Fachwissen.
Hilft der Bologna-Prozess, der die traditionellen deutschen Studienabschlüsse durch den „Bachelor“ und „Master“ ersetzt, wirklich weiter? Die Antwort der vier durchweg promovierten Experten, die von dem Germanisten und Theaterwissenschaftler Ingo Langner sehr entschieden durch das Gespräch geführt wurden, fiel nicht eindeutig aus. Dr. Hubert Schmidt, der als Ingenieur und Betriebswirt sowie geschäftsführender Gesellschafter der Hubert Stüken GmbH in Rinteln am weitesten weg ist vom Universitätsbetrieb, fordert von seinen Neueingestellten nicht nur Fleiß und fachliches Wissen, sondern ebenso soziale Kompetenz und die Fähigkeit, über den Tellerrand des eigenen Faches sehen zu können. Der Praktiker hat erhebliche Zweifel, ob die neuen Bachelor- und Masterstudiengänge diese sozialen Kompetenzen vermitteln. „Gut ausgebildete Fachkräfte stecken so manchen Bachelor-Absolventen in die Tasche“, berichtete er aus seiner täglichen Arbeitspraxis.
Dr. Josef Lange, Staatssekretär im Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur, bat um Geduld. Der Umbau der Universitätslandschaft sei noch im Gang, man sei dabei, mehr überfachliche Anteile einzubauen, versprach der Bildungsplaner in Hannover vor den rund 60 geladenen Besuchern aus Politik, Gesellschaft und Kirche.
Wie diese überfachlichen Anteile konkret aussehen können, macht die Universität Lüneburg deutlich. Sie setzt ihre Studenten in den ersten Semestern ganz gezielt einem Studium Generale aus, das den jungen Menschen neue Erfahrungen bringen soll. Jedes Semester beginnt zum Beispiel mit einem klassischen Konzert, denn „wir haben gemerkt, dass viele Erstsemester noch nie in einem solchen Konzert waren“, wie der Lüneburger Uni-Präsident Prof. Dr. Sascha Spoun erzählte. Sein Rezept für allseits gebildete Akademiker: Man muss die Studenten neuen Erfahrungen aussetzen und ihnen dann regelmäßig Rückmeldung geben. Es war schließlich Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth, Präsident der Studienstiftung des Deutschen Volkes und Absolvent zweier Studiengänge, der die Summe seiner reichen Lebens- und Lernerfahrung in fünf Grundsätze goss: Im Studium geht es nicht ohne Sekundärtugenden und es geht zweitens nicht ohne eine Ethik des wissenschaftlichen Arbeitens. Außerdem müssen die jungen Menschen drittens lernen, für ihre eigenen Leistungen, positiv wie negativ, einzustehen und viertens bereit sein, als Privilegierte Verantwortung für die Gesellschaft zu übernehmen. Und schließlich: Der gute Akademiker hat seinen Horizont erweitert und gelernt, interdisziplinär zu denken.
Das Katholische Forum Niedersachsen wurde 2002 durch die Bischöfe von Hildesheim und Osnabrück sowie den Bischöflichen Offizial in Vechta gegründet. Es will in den Bereichen der Gesellschafts- und Sozialpolitik sowie Bildungspolitik katholische Positionen diskutieren und wendet sich dabei in seinen Veranstaltungen an Entscheidungsträger und Fachleute.