Lernen in der Begegnung eröffnet neue Welten
Themenseite „Orte der Begegnung mit jüdischem Leben“ online geschaltet
Heute wurde die Themenseite „Orte der Begegnung mit jüdischem Leben“ veröffentlicht. Hier sind Orte und Wege zusammengestellt, wie sich jüdische und nichtjüdische Bürgerinnen und Bürger begegnen und austauschen können. Zu den 54 Orten in Niedersachsen und Umgebung gehören zahlreiche jüdische Gemeinden und Synagogen, aber auch Vereine und Bildungszentren.
Die Vorstellung fand im Beisein von Repräsentanten aus Kirchen und jüdischen Gemeinden in Niedersachsen statt.
„Das Judentum gehört zur DNA unserer Gesellschaft“, betonte der katholische Bischof Heiner Wilmer aus Hildesheim bei der Präsentation. „Ohne Judentum wäre es so, als würden wir aus dem Herzen unserer Gesellschaft etwas herausreißen.“ Die Beiträge von Jüdinnen und Juden in Medizin, Physik oder Philosophie seien zentral für die Entwicklung Europas. Die Werte der Französischen Revolution und die Tradition der Aufklärung seien ohne die jüdische Tradition des Wortes, der Schärfe der Gedanken und des besseren Arguments nicht denkbar.
Die evangelisch-reformierte Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden aus Leer sagte: „Wir entdecken zunehmend, was für einen reichen Schatz wir mit jüdischer Bibelauslegung haben.“ Ihr persönlich sei wichtig, Jesus als Juden neu verstehen zu lernen.
Für den Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen betonte der Vorsitzende Michael Fürst, es sei zu wenig, nur aus Büchern lernen zu wollen. „Nur wenn man miteinander spricht, lernt man“, sagte er. „Wer nicht mit anderen spricht, kann nicht lernen.“ Deshalb wolle das neue Portal zur persönlichen Begegnung ermutigen.
Der niedersächsische Antisemitismusbeauftragte Gerhard Wegner sagte, wer sich heute mit dem Holocaust beschäftige, der müsse auch die Hintergründe begreifen, die damals dazu geführt hätten. Die heutigen politischen Konstellationen erinnerten in manchen Punkten an das, was vor 1933 in Deutschland geschehen sei. „Etwas von diesem Geist spürt man heute wieder.“ Zur Geschichte des Holocaust gehöre auch der jüdische Widerstand gegen die Nazis, unterstrich Wegner unter anderem mit Blick auf das Warschauer Getto, wo sich jüdische Kämpfer 1943 gegen die Besatzer zur Wehr gesetzt hatten.
Die Rabbinerin der Jüdischen Gemeinde Hameln, Dr. Ulrike Offenberg, betonte in ihren grundlegenden Impulsen, ausgehend von einem Text aus den „Sprüchen der Väter“: „Lernen ist ausschließlich in Begegnung möglich.“
Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung von der Pianistin Marina Baranova am Flügel. Ihr sei es eine Herzensangelegenheit, sagte sie im Vorfeld der Veranstaltung, die Begegnung von Juden und Christen und auch anderen Religionen zu unterstützen.
Eröffnet wurde die Veranstaltung von Dr. Martin Heimbucher, der als ehemaliger Kirchenpräsident der evangelisch-reformierten Kirche den ersten Anstoß für dieses Projekt gab, das sich dann zu einem gemeinsamen Projekt aller Kirchen Niedersachsens und der jüdischen Landesverbände entwickelte.
Die digitale Realisierung des Projektes geschah in Kooperation mit dem Israel-Jacobson-Netzwerk für jüdische Kultur und Geschichte e.V., das das kürzlich eröffnete Portal „Jüdisches Niedersachsen online“ entwickelte. Rebekka Denz und Julia Meyer stellten es kurz vor, bevor dann Aleida Siller, die Beauftragte für das Projekt „Orte der Begegnung mit jüdischem Leben“ die neue Themenseite „Orte der Begegnung“ im Portal vorstellte.
Die Themenseite „Orte der Begegnung“ werde hoffentlich von vielen genutzt, insbesondere von Lehrkräften und Bildungsbeauftragten, erklärte Professorin Dr. Ursula Rudnick, Mitglied in der Leitungsgruppe des Projekts: „Lernen in der Begegnung kann Einblicke in neue, zuvor unvertraute Welten eröffnen. Die personale Vermittlung kann Zugänge erschließen, die sonst versperrt blieben.“
Weitere Informationen sind erhältlich auf der Homepage www.orte-der-begegnung.de und im Online-Portal „Jüdisches Niedersachsen“.