Taufe jeden Tag neu leben
Diözesanrat der Katholiken diskutierte beim Katholikentag neue Formen der Gemeindeleitung
Hildesheim/Mannheim (bph) Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil ist das „gemeinsame Priestertum der Getauften“ in aller theologischen Munde. Doch was bedeutet dies konkret für die Leitung von Pfarrgemeinden? Darüber diskutierte der Diözesanrat der Katholiken im Bistum Hildesheim beim Mannheimer Katholikentag am Freitag, 18. Mai, vor großem Publikum in der Aula des Karl-Friedrich-Gymnasiums. „Ich bin dann mal da“, so der Titel der Podiumsdiskussion.
Mit Eric Boone, dem Leiter der theologischen Fortbildung im französischen Bistum Poitiers, hatten sich die Veranstalter einen ausgewiesenen Experten eingeladen für die Frage, wie alternative Leitungsmodelle von Pfarrgemeinden in der Praxis aussehen können. Auf Deutsch beschrieb der Franzose in seinem Impulsreferat das System kollegialer Gemeindeverantwortung, mit dem das Bistum Poitiers europaweit Beachtung gefunden hat. Pfarrgemeinden werden dort von einer Gruppe Ehrenamtlicher geleitet, sogenannten Equipen, die der Bischof förmlich beauftragt. Dieses „Zeichen der Geschwisterlichkeit“ ist nach Boones Worten ein starkes Glaubenszeugnis, das wiederum auf viele Menschen anziehend wirkt. Dennoch stehe auch sein Bistum vor der Herausforderung, die restlichen Gläubigen in die Gemeindearbeit einzubinden, räumte Boone ein. „Die Taufe muss von allen jeden Tag neu gelebt werden“, sagte der Franzose unter dem Beifall der zahlreichen Zuhörer.
Weniger Priester, weniger Gläubige, schwindende Finanzkräfte vor diesen Herausforderungen steht auch das Bistum Hildesheim. Seit einigen Jahren erprobt die niedersächsische Diözese daher in einigen Pfarrgemeinden ein ähnliches Leitungsmodell wie in Poitiers. Mit Prof. Dr. Ursula Bilitewski war die Vorsitzend des Pfarrgemeinderates einer der betroffenen Gemeinden mit aufs Podium gekommen. Bilitewski wusste Ermutigendes aus der Pfarrgemeinde St. Petrus in Wolfenbüttel zu berichten. Nicht nur, dass die vor wenigen Jahren fusionierte Groß-Pfarrgemeinde nun stärker ist als die einzelnen kleinen Pfarrgemeinden von früher. Das Prinzip, neben dem Pfarrgemeinderat auch so genannte „Kirchortsräte“ an den einzelnen Standorten der Pfarrgemeinde wählen zu lassen, habe darüber hinaus die Bindung der Gläubigen an ihre Gemeinde verstärkt, beobachtet die Pfarrgemeinderatsvorsitzende. Die Menschen spürten nun eher eine „Verantwortung zum Gestalten“. Eines wurde aber auch deutlich: Die Kirche kann nicht mehr überall alles bieten. „Wir müssen es aushalten, dass die einzelnen Kirchorte sich unterschiedlich entwickeln“, schloss die Pfarrgemeinderatsvorsitzende.
Eine Position, die unter der engagierten Moderation von Dr. Ursula Stroth Beifall fand bei dem Hildesheimer Regens Dr. Christian Hennecke und Martin Wrasmann, dem stellvertretenden Leiter der Hauptabteilung Pastoral im Bischöflichen Generalvikariat. Beide haben die neuen Leitungsmodelle gemeinsam mit dem Diözesanrat der Katholiken, dessen Vorsitzende Elisabeth Eicke ebenfalls auf dem Podium saß, mitgestaltet. Wrasmann möchte dadurch den „Thermoskanneneffekt“ warm halten nach innen, null Ausstrahlung nach außen durchbrechen. Dies werde in den Pfarrgemeinden nicht ohne fachliche Begleitung gehen, glaubt Hennecke.
Das Bistum Hildesheim ist auf dem Mannheimer Katholikentag mit einem eigenen Stand (VII-19) auf der Bistumsmeile am Alten Messplatz in Mannheim vertreten. Dort stellt die Diözese erste „Früchte“ ihrer Lokalen Kirchenentwicklung vor, auch in Form von Fruchtgummis und Magneten in Früchteform. Außer dem Diözesanrat der Katholiken war bereits Bischof Norbert Trelle bei einer Podiumsdiskussion zu hören. Weitere Vertreter des Bistums haben sich angesagt. Der 98. Deutsche Katholikentag findet seit Mittwochabend, 16. Mai, in der Quadratestadt Mannheim in Nordbaden statt. Er steht unter dem Motto „Einen neuen Aufbruch wagen“. Das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken (ZdK) und das Erzbistum Freiburg als Veranstalter erwarten dazu bis zum Abschlussgottesdienst am morgigen Sonntag, 20. Mai, nach eigenen Angaben mindestens 60.000 Teilnehmer.