St. Johannes Evangelist schließt seine Pforten
Kirche in Alt-Garbsen bei Hannover wird profaniert
Hildesheim/Hannover (bph) Die Kirche St. Johannes Evangelist in Alt-Garbsen bei Hannover wird profaniert. Das will der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle am 15. September entscheiden, nachdem er dazu am vergangenen Freitag den Priesterrat des Bistums angehört hat. Wann der Gottesdienst zur Profanierung stattfindet, ist noch nicht bekannt. Vermutlich wird die Kirche abgerissen.
St. Johannes Evangelist ist eine Filialkirche der Gemeinde St. Raphael in Garbsen. Grundstück und Kirche gehören dem Bistum Hildesheim. Die Pfarrkirche St. Raphael ist weniger als zwei Kilometer entfernt. Das Gotteshaus wurde 1967 als Fertigteilkirche errichtet und in den letzten Jahren saniert. Aus finanziellen aber auch seelsorglichen Gründen hat der Kirchenvorstand am 8. Juni 2006 beschlossen, den Bischof um die Profanierung des Gebäudes zu bitten.
Das „Heimatwerk“ hat Interesse an dem Grundstück bekundet und wird dort nach dem Abriss der Kirche eventuell Wohnungen für ältere Menschen errichten.
Domkapitular Adolf Pohner, Leiter der Hauptabteilung Pastoral am Bischöflichen Generalvikariat Hildesheim, trauert mit der Gemeinde über die geplante Schließung: „Wir sind uns bewusst, dass dies ein schmerzlicher Einschnitt ist“ sagt Pohner. Er habe jedoch bei seinen Gesprächen in der Gemeinde den Eindruck gewonnen, dass die Notwendigkeit der Schließung erkannt wird.
Hintergrund: Umnutzung von Kirchen
Die Frage der Umnutzung von Kirchen wurde in der katholischen Kirche Deutschlands in den vergangenen Jahren immer drängender. Grund dafür sind unter anderem die demographische Entwicklung, die Abwanderung vieler Menschen aus früheren Wohngebieten, der Mitgliederschwund in den Kirchen und damit einhergehend der rückläufige Gottesdienstbesuch. Zugleich ist die Erhaltung von Kirchen mit enormen Kosten verbunden.
Im Bistum Hildesheim wurden viele Kirchen in den 50er und 60er Jahren gebaut, um die zahlreichen Flüchtlinge betreuen zu können. Der größte Teil dieser Gebäude entstand als Fertigteilkirchen mit einer geplanten Nutzungsdauer von 25 bis 35 Jahren. Bei diesen Kirchen würden jetzt hohe Investitionen anfallen. In der „kurz- und mittelfristigen Strukturplanung für die Diözese Hildesheim: Eckpunkte 2020“ wurde bereits 2003 die Notwendigkeit beschrieben, den Immobilienbestand des Bistums zu reduzieren.
Im Herbst 2002 haben sich die deutschen Bischöfe mit der Frage der Umnutzung von Kirchen beschäftigt. In einem Arbeitspapier beschrieben sie vier grundsätzliche Optionen:
1.Das Kirchengebäude bleibt im kirchlichen Eigentum, seine liturgische Nutzung erhalten, wird aber verändert. Man könnte zum Beispiel Nutzungspartnerschaften für Konzerte oder Ausstellungen eingehen. Es wäre auch daran zu denken, die Kirche für besondere Liturgien zu nutzen – zum Beispiel als Citygemeinde – oder den liturgischen Nutzen einzuschränken, etwa als Werktagskapelle.
2.Das Kirchengebäude bleibt im kirchlichen Eigentum, seine liturgische Nutzung wird aber beendet. Dabei ist darauf zu achten, dass die neue Nutzung dem Charakter des Gebäudes nicht widerspricht.
3.Das Kirchengebäude wird verkauft. Dabei muss ausgeschlossen sein, dass das Gebäude von nichtchristlichen Religionsgemeinschaften wie Sekten oder islamischen Gemeinschaften genutzt wird, um die Gefühle der Gläubigen nicht zu verletzen. Keinesfalls dürfen gottesdienstliche Motive oder Gegenstände nach der Umnutzung kommerziell genutzt werden.
4.Das Kirchengebäude wird abgerissen. Man kann das Grundstück danach für kirchliche oder öffentliche Zwecke nutzen. Ein entsprechender Hinweis sollte an die frühere Kirche erinnern.
Die deutschen Bischöfe empfehlen außerdem, dass jedes Bistum ein Beratergremium etabliert, das die Umnutzung von Kirchen begleitet. Dieses Gremium sollte Daten zum Gebäude erheben wie etwa Angaben zum Bauwerk, zu etwaigen früheren Kaufverträgen, zur kunsthistorischen Bedeutung etc. Im Bistum Hildesheim gehören diesem Beratergremium an: Der Leiter der Hauptabteilung Pastoral (Domkapitular Adolf Pohner) als Leiter, der Persönliche Referent des Generalvikars (Dr. Matthias Woiwode), der Leiter der Abteilung Immobilien (Norbert Kesseler), der Referent für die Weiterentwicklung pastoraler Strukturen (Martin Wrasmann), der Leiter der Hauptabteilung Personal/Seelsorge (Domkapitular Werner Holst) und der Assistent in der Hauptabteilung Personal/Seelsorge (Clemens Gburek).
Kann eine Kirche nicht mehr liturgisch genutzt werden, dann wird sie profaniert. Die Entscheidung darüber fällt der Bischof, nachdem er dazu den Priesterrat des Bistum angehört hat. In einem Gottesdienst zur Profanierung nimmt die Gemeinde Abschied von ihrer Kirche. Dies soll in aller Feierlichkeit geschehen. Der Bischof selbst oder ein von ihm beauftragter Priester hält den Gottesdienst, bei dem das Dekret zur Profanierung verlesen wird. Die Profanierung wird vollzogen, indem der Bischof die geweihten Hostien aus dem Tabernakel nimmt und das Ewige Licht löscht.
Falls möglich, kann die Gemeinde danach in einer feierlichen Prozession zu jener Kirche ziehen, in der fortan die Gottesdienste stattfinden.
Im Bistum Hildesheim wurden seit dem Jahre 2000 folgende Kirchen profaniert:
28. Januar 2003: Angerstein, Zur Göttlichen Vorsehung: Das Grundstück verblieb im Besitz des Bistums, die Kirche wurde an eine Jugendinitiative verkauft, die das Gebäude pflegt.
27. Dezember 2003: Fredenbeck, St. Lukas: Grundstück und Gebäude wurden verkauft und die Kirche abgerissen. Dort stehen heute ein Lebensmittelmarkt und ein Privathaus. Eine Gedenkplakette weist auf die abgerissene Kirche hin.
25. September 2004: Dielmissen, St. Johannes: Grundstück und Gebäude wurden an ein Künstlerehepaar verkauft, das in dem Gebäude ein Atelier einrichten will.
9. Oktober 2004: Salzgitter-Thiede, St. Georg: Die Kapelle war in ein Wohngebäude integriert. Sie wurde verkauft und zu einer Wohnung umgebaut.
19. Februar 2005: Freden, St. Hedwig: Grundstück und Gebäude wurden verkauft. Die Kirche wird abgerissen, dort sollen Wohnhäuser entstehen.