Nonnen mit Enkeln
Vortrag beleuchtete die Situation der deutschen Ordensfrauen
Hildesheim (bph) Frauenorden haben Zukunft. Aber diese Zukunft wird anders aussehen als bisher, sagte Dr. Aurelia Spendel, Priorin des Dominikanerinnenklosters Augsburg, am Donnerstagabend in der Hildesheimer Dombibliothek. Spendel hielt ihren öffentlichen Vortrag "Frauen in Orden und Kongregationen der katholischen Kirche heute" im Rahmen der Tagung "Fromme Frauen – Unbequeme Frauen".
Die Zahlen sind erschreckend: Gab es Mitte der 60er Jahre noch etwa 100.000 Ordensfrauen in Deutschland, so ist die Zahl inzwischen auf etwa ein Viertel zurück gegangen. Die meisten von ihnen sind älter als 65 Jahre, viele davon pflegebedürftig. Immer weniger junge Frauen entscheiden sich für eine der vielen Ordensgemeinschaften. "Im Jahre 2010 wird etwa ein Drittel der Ordensgemeinschaften ausgestorben sein", schätzt Priorin Spendel, die mit ihren knapp über 50 Jahren nach eigenen Aussagen die jüngste Schwester ihres Konventes ist.
Und doch: Es gibt Hoffnung. Und diese Hoffnung nährt sich ironischerweise gerade aus der sich schnell verändernden Gesellschaft: "Individualisierung, Pluralisierung und Globalisierung werden für uns immer wichtiger", berichtete Spendel den zahlreichen Zuhörern. Immer häufiger kommen junge Frauen mit "Patchwork-Biographien" und bitten um Aufnahme. Oft bringen sie bereits eine Ausbildung mit oder waren sogar verheiratet. Den amüsierten Zuhörern erzählte Spendel von einer Mitschwester mit Enkelkindern. Auch die Pluralität der spirituellen Ausdrucksformen könne eine Chance sein. Früher habe jeder Orden seine Novizinnen eifersüchtig von anderen Orden ferngehalten, um keine Nonne zu verlieren. Heute dagegen hätten Frauen durchaus die Möglichkeit, verschiedene Ordensgemeinschaften auszuprobieren, bevor sie sich entscheiden, weiß Spendel.
Doch noch immer hätten die weiblichen Orden in Deutschland einen Lernbedarf. Ob es wohl irgendwann die Möglichkeit gibt, auf Zeit in einen Orden einzutreten, wie eine Zuhörerin fragte? Ausschließen wollte die Priorin das jedenfalls nicht.
Dominikanerin Dr. theol. Aurelia Spendel sprach im Rahmen der Tagung "Fromme Frauen – Unbequeme Frauen", der von Mittwoch bis Freitag zahlreiche Historiker und andere Wissenschaftler in der Dombibliothek zusammen führte. Ziel der Tagung war, die Probleme von Frauen in der Kirche des Mittelalters zu untersuchen. Verschiedene Referenten beleuchteten unter anderem die Themen Doppelklöster, Zisterzienserinnen und Dominikanerinnen.