"Nähe und Zuwendung in den dunkelsten Stunden"
Weihbischof Bongartz spricht Grußwort beim 18. Bundeskongress Notfallseelsorge und Krisenintervention in Hannover
Weihbischof Heinz-Günter Bongartz hat zur Eröffnung des 18. ökumenischen Bundeskongresses für Notfallseelsorge und Krisenintervention den Einsatz für Menschen in akuten Notlagen gewürdigt. Das Treffen im Hannover Congress Centrum dauert bis Samstag.
"Sie werden in Situationen hineingerufen, in denen Menschen gefallen sind und verzweifelt am Boden liegen", sagte Bongartz und dankte den mehr als 500 Teilnehmenden des Kongresses für ihren Einsatz. "Sie schenken Nähe und Zuwendung in den dunkelsten Stunden."
Bongartz' Vorredner Anrend de Vries, Geistlicher Vizepräsident im Landeskirchenamt Hannover, betonte, die schnellen Helfer seien in der Regel unsichtbar und verschwiegen an der Seite derer, die Hilfe benötigten: "Möglichst selten gebraucht, aber unverzichtbar - das ist das Kennzeichen der Notfallseelsorge."
Dieser Dienst der Kirchen leistet nach Ansicht von Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) "unschätzbare Hilfe" für Menschen in Krisensituationen. Nicht nur bei Zug-Unglücken, Amokläufen oder Anschlägen, sondern auch in den "Katastrophen des Alltags" wie nach einem Suizid könnten Menschen auf gut ausgebildete Notfallseelsorger zählen, sagte Pistorius. Der Minister hat die Schirmherrschaft des Kongresses übernommen, der von der evangelischen Landeskirche Hannovers und dem katholischen Bistum Hildeheim organisiert wird.
An dem Treffen nehmen noch bis zum Sonnabend rund 550 Notfallseelsorger sowie Mitarbeiter von Hilfsorganisationen, Rettungsdiensten und Feuerwehren teil. Mit Fachleuten wollen sie über die seelische Widerstandskraft von Menschen in hochbelastenden Lebenslagen, die Resilienz, diskutieren.
Schwere traumatische Erfahrungen könnten dazu führen, dass die Selbstheilungskräfte eines Menschen nicht ausreichten, sie zu überwinden, erläuterte der Leiter des Zentrums für Psychotraumatologie und Traumatherapie Niedersachsen, Lutz Besser.
Zu den Aufgaben der Notfallseelsorger gehöre es dann, "dass der Boden, der unter den Füßen weggezogen wurde, dass die Sprachlosigkeit, die Fassungslosigkeit wieder Vergangenheit werden". Die Seelsorger könnten Menschen helfen, sich wieder zu sortieren. "Die Notfallseelsorge trägt, wenn sie gut funktioniert, dazu bei, dass keine chronischen Langzeitfolgen entstehen." Sie leiste damit auch einen Beitrag zur Gesundheitsprävention.
Zum Programm am morgigen Freitag gehört um 10 Uhr der Vortrag "Resilienz – Chance oder neoliberale Pflicht?" der Medizin-Professorin Luise Reddemann ( Köln/Klagenfurt). Um 18 Uhr findet in der Marktkirche in Hannover ein ökumenischer Gottesdienst mit dem evangelischen Landesbischof Ralf Meister und Bischof Norbert Trelle statt.
Am Samstag um 11.30 Uhr gehören Meister und Trelle zu den Teilnehmern des Podiumsgespräches „Ist Resilienz machbar?“. Die beiden Bischöfe diskutieren unter anderen mit Dr. Christoph Kröger, Leiter der Psychotherapieambulanz im Institut für Psychologie der TU Braunschweig. Die Moderation hat Dr. Jutta Helmerichs vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe inne.