Meisterin des feinen Strichs
Angelika Bucher stellt im St. Vinzenz-Bildungshaus Radierungen aus
Hildesheim-Himmelsthür (bph) Die Welt, das Leben hat sie in feinen Strichen eingefangen und dadurch auch den Tod ihres Sohne verarbeitet. Unter dem Titel "Gedanken und Reisen" stellt die Wolfsburger Künstlerin Angelika Bucher bis zum 23. Januar Radierungen im St. Vinzenz-Bildungshaus, Hildesheim-Himmelsthür, aus.
Feine Linien, kaum zu sehen. Man muss schon nahe an ihre Bilder herangehen, um zu verstehen, wie filigran Angelika Bucher arbeitet. Und das mit vollem Körpereinsatz: Auf verschiedenen Bildern hat sich die Künstlerin mit eigenen Hand- und Fußabdrücken verewigt. Die feine Linienzeichnung der Haut bildet einen reizvollen Kontrast zu den meist dunklen Farbflächen, mit denen sie kompositorische Akzente setzt. Und zu den Federn, die sich wie ein Hauptthema durch ihre Werke ziehen. Federn, verschieden gemasert, glatt und zerfasert. Fein und zerbrechlich. Und fast immer schwarz.
1996 hat Angelika Bucher ihren Sohn Sven verloren. Zwei Jahre habe sie gebraucht, um wieder arbeiten zu können, sagt sie heute. Die Ausstellung im St. Vinzenz Bildungshaus zeigt ausschließlich Bilder, die danach entstanden sind. Sie zeugen von dem Ringen der Künstlerin mit dem Unfassbaren. Die Grundstimmung ist dunkel. Am beklemmendsten vielleicht beim „Nachtvogel Angst“: Ruhig hockt der riesige Vogel mitten im Bild. Doch sein spitzer Schnabel und stechend gelbe Augen verraten Mordlust.
Immer wieder brechen sich auch helle Farbtupfer hoffnungsvoll Bahn in Buchers Werken. Vor allem bei jenen Bildern, die in den letzten Jahren nach ausgedehnten Reisen entstanden sind. "Russland" etwa mit seinen orthodoxen Kirchen. Deren gelbe Zwiebeltürmchen strahlen eine Heiterkeit und Verspieltheit aus, die schon fast wieder an Friedensreich Hundertwasser erinnert – das große Vorbild der Künstlerin.
Angelika Bucher wurde 1944 in Dresden geboren und hat 1966 ihr Diplom in Textildesign gemacht. Seit 1974 beschäftigt sie sich mit Radierungen und hat seit 1986 eine eigene Werkstatt in Wolfsburg. Mehr als 30 Jahre arbeitete sie als Kunsterzieherin an der Erich-Kästner-Grundschule in Wolfsburg.
Im Rahmen der Ausstellung finden zwei Künstlergespräche mit Angelika Bucher statt: am 21. November und 16. Januar, jeweils von 12 bis 16 Uhr.
Information:
"Gedanken und Reisen"
29. Oktober bis 23. Januar 2005
St. Vinzenz Bildungshaus im Bernwardshof
Winkelstraße 3-4, 31137 Hildesheim-Himmelsthür
Montag bis Freitag 8 bis 16 Uhr und nach Vereinbarung
Freier Eintritt
Tel (05121) 405-0
E-Mail: info(ät)st-vinzenz-bildungshaus.de