Kirche soll sich stärker der Welt öffnen
Pastoraltheologe Michael N. Ebertz spricht beim Neujahrsempfang des Diözesanrates
Hildesheim (bph) Eine Seelsorge, die auf jene Menschen zugeht, die heute nicht von der Kirche erreicht werden, hat der bekannte Freiburger Pastoraltheologe Prof. Dr. Dr. Michael N. Ebertz gefordert. Es bedürfe einer sozial- und milieusensiblen Pastoral, erklärte er auf dem Neujahrsempfang des Diözesanrates der Katholiken im Bistum Hildesheim am Samstagvormittag im Bischöflichen Generalvikariat.
Erst wenn die Kirche die „außerkirchliche Welt ihres Sozialraums“ wahrnehme, wenn sie in Foren und Projekten Mitverantwortung für die Gestaltung des Gemeinwesens übernehme, wenn sie Interesse am lokalen und regionalen Gemeinwohl zeige, würden sich auch kirchenferne Milieus wieder für die Kirche und ihre Inhalte interessieren. „Die Welt von heute treibt die Kirche in die Krise und ermuntert sie zum Lernen – zum Umlernen, Verlernen und Neulernen“, sagte der Soziologe und Theologe.
Ausdrücklich lobte Ebertz den Weg, den das Bistum Hildesheim in der gegenwärtigen Umbruchsituation eingeschlagen hat. Es sei auffällig, wie in der Diözese die verantwortlichen Priester und haupt- wie ehrenamtlichen Laien dazu aufgefordert würden, in der Krise der Kirche Gestaltungsspielraum und Weitungschancen zu erschließen und die Kirche nicht als eine perfekte, sondern eine lernende Gemeinschaft zu begreifen. Das Bistum versuche den Ehrenamtlichen erheblich stärker als bisher Verantwortung zu übertragen, und dies keinesfalls nur als Lückenbüßer. Ebertz: „Man hat hier schon längst begriffen, dass es nicht sein darf, dass die Charismen von Laien unbenutzt bleiben.“
Bischof Norbert Trelle erklärte auf der gleichen Veranstaltung, Ziel einer wie auch immer gearteten Seelsorge müsse es sein, die Sehnsucht nach einer Begegnung mit dem personalen Gott zu wecken. Die Kirche von Hildesheim mache derzeit einen Wandlungsprozess durch, erklärte der Bischof. Ein solcher Prozess sei schmerzhaft und er habe zu Betroffenheit, Verwunderung und manchmal auch Empörung geführt. Der Vorgang sei allerdings nicht neu. In ihrer Geschichte habe die Kirche immer wieder neue Gestalt angenommen, ohne dass sie sich grundsätzlich infrage gestellt habe. Man müsse Trauer und Schmerz zulassen, aber auch Hoffnung ermöglichen, sagte Trelle.
Der Bischof dankte allen Ehrenamtlichen im Bistum für ihr Engagement. Sein besonderer Dank galt der bisherigen Diözesanratsvorsitzenden Gabriele Recker, die ihr Amt im Herbst letzten Jahres aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben hatte.
Der stellvertretende Vorsitzende des Diözesanrates, Thomas Liekefett, betonte, kein Prozess habe das Bistum so bewegt wie die Kategorisierung der Kirchen im vergangenen Jahr. Es sei gut gewesen, sich auf diesen Weg zu machen, was auch die vielen Einstufungen zeigten, die im Konsens zwischen Bistumsleitung und Gemeinden entstanden seien. Er äußerte die Hoffnung, dass künftig wieder stärker die Inhalte in den Vordergrund rückten. Ein weiterer Wunsch für das neue Jahr sei eine verstärkte Kooperation zwischen Ehren- und Hauptamtlichen in der Kirche. Liekefett: „Die ist noch ausbaufähig.“
Musikalisch umrahmt wurde der Empfang von der Gruppe Fivestyle, einer A-Capella-Gruppe des Bischöflichen Gymnasiums Josephinum.
Der Diözesanrat der Katholiken ist die höchste Vertretung der Laien im Bistum Hildesheim.
Der komplette Text der Rede von Prof. Dr. Dr. Michael N. Ebertz (pdf, 239 KB)