Hoffnung geht dem Leben voraus
Bischof Norbert Trelle wendet sich beim 21. CDU-Parteitag in Hannover gegen die Denunzierung der Schwächsten
Hildesheim/Hannover (bph) Einer „Denunzierung der Schwächsten“ widerspricht der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle. Zugleich wandte sich der Bischof am Montagmorgen beim ökumenischen Gottesdienst zum CDU-Parteitag in der Marktkirche Hannover gegen eine „Apathie des Wegsehens“.
Es gelte als besonders forsch und aufrecht, öffentlich die Missbrauchsfälle der Sozialhilfe, fauler Arbeitsloser, eingeschlichener Migranten anzuklagen, sagte Trelle in seiner Predigt beim ökumenischen Gottesdienst. Doch jeder wisse: „So wie heute auf Sozialhilfeempfängern und Migranten herumgehauen wird, so bald auf denen, die gestern noch funktioniert haben.“ Die Kirchen werden dieser sich ausbreitenden Kultur wiedersprechen, kündigte der Bischof an.
Entschieden fordert Norbert Trelle, Gesetzen und Rechtsvorschriften den richtigen Stellenwert zu geben. Sie könnten immer nur das „Nachträgliche im Leben“ sein: „Die Hoffnung geht dem Leben voraus – nicht das Sozialgesetzbuch“, so der Bischof wörtlich. Der Aufbruch zum Leben könne nicht verrechtlicht werden. Als Beispiel nannte er die höchstrichterlichen Verhandlungen zur Umgangspflicht eines Vaters mit seinem Sohn und den Hungertod eines Mädchens in Schwerin. „Verdeckt die empörte Anklage, der energische Ruf nach der Politik nicht einen ganz anderen Skandal: die Apathie des Wegsehens, die sich ausbreitende Fühllosigkeit einer bestimmten Medienkultur?“ fragt der Bischof.
Leider, so Bischof Norbert Trelle weiter, ist es unserer „reich gewordenen Gesellschaft“ nicht gelungen, die Kinder in den Mittelpunkt zu stellen. Die Debatte um Frauen- und Männerrollen sei wichtig gewesen, stellt Trelle in seiner Predigt klar. Doch: „Es ging 30 Jahre um Patriarchat und Matriarchat, um Frauenquoten und Hausmänner: um Kinder ging es eher am Rande“. Eine kinderlose Gesellschaft ist nach Trelles Überzeugung aber eine hoffnungslose Gesellschaft.
Die Predigt des Bischofs im Volltext