Große Wallfahrt in Germershausen
1500 Katholiken pilgern zu Maria in der Wiese
Germershausen – „Glauben geht!“ - Unter dem Motto des Godehardjahrs hat am Sonntag die Große Germershäuser Wallfahrt zu Maria in der Wiese gestanden. 1500 Pilger feierten bei herrlichem Sommerwetter vor dem Freialtar die Heilige Messe.
„Im vergangenen Jahr waren es – nach einer Corona-Pause 2020 – 500 Gläubige“, freute sich Cornelia Kurth-Scharf vom Wallfahrtsteam. Die Germershäuserin erinnerte aber auch an das Jahr 2019, als sich 3500 Katholiken auf den Weg gemacht hatten.
„Seit sechs Uhr morgens sind wir unterwegs“, berichtete Wolfgang Frölich, der sich mit einer Pilgergruppe von Nesselröden aus auf den Weg gemacht hatte. Zweieinviertel Stunden brauchte die Gruppe für die elf Kilometer lange Strecke. „Herrlich“ sei es gewesen wie sich von Dorf zu Dorf mehr Wallfahrer ihrem Zug angeschlossen hätten, sagte der Träger des Prozessionskreuzes. Die Stimmung sei herzlich, die Menschen einander zugewandt. Das erlebe er sonst in der Gesellschaft oft anders. Propst Thomas Berkefeld empfing und segnete die Eintreffenden vor der Kirche.
„Mein größtes Anliegen ist in diesem Jahr das Gebet für den Frieden“, erklärte Ehefrau Maria Frölich mit Blick auf den Krieg in der Ukraine. Dass „die christliche Moral am Boden liegt“, beschäftigte ihre Schwiegermutter, Anneliese Frölich. Die Kirche müsse sich erneuern, sich weiter öffnen, forderte die Nesselröderin. Die Missbrauchsfälle seien „nur eines von vielen Problemen“. Sie vermisse in Rom junge Amtsträger, die „alte Zöpfe“ abschnitten. Um so erfreuter war die Großmutter, dass ihr 21-jähriger Enkel, der aktive Ministrant Dominik Otto, mit nach Germershausen gekommen war.
„Abgründe“ hätten sich im Zuge des Missbrauchsskandals aufgetan, räumte der Hildesheimer Weihbischof Dr. Nikolaus Schwerdtfeger in seiner Predigt ein. „Bestürzt“ habe er während seiner diesjährigen Visitation der Gemeinden im Untereichsfeld gelesen, dass eine einzige Pfarrei im vergangenen Jahr 120 Austritte verzeichnet hätte. Es gingen nun auch „Menschen aus der Mitte“ der Pfarreien. Das Angebot in den einzelnen Kirchorten schrumpfe. Aber manches gebe es „ein, zwei Orte weiter“. Der Weihbischof ermutigte die Gläubigen, sich auf den Weg zu machen. Als ausgewiesene Wallfahrer seien die Eichsfelder darauf doch eigentlich „wunderbar“ vorbereitet. Der heilige Godehard könne ihnen ein Vorbild sein. Vor einem Jahrtausend habe er sich mit 62 Jahren auf den Weg, um in Hildesheim Bischof zu werden.
„Trotz des allgemeinen Schwunds gibt es bei uns in Seulingen immer noch aktive Christen, die sich in der Kirche engagieren wollen“, betonte Johanna Tauchmann. Eine Gruppe im Ort teilt miteinander die Bibel. Andere Christen organisieren eine stille Anbetung in der Kirche. Um die Flurprozession zum Gothenbeek mit anschließendem Wortgottesdienst kümmert sich nun, wo der Pfarrer das nach den Gemeindefusionen nicht mehr schafft, Kerstin Robitzsch. Stolz auf die hohe Spendenbereitschaft der Seulinger zeigte sich Siegbert Jagemann. 2018 hat der Ort die 180.000 Euro für neue Glocken, später weitere fast 90.000 Euro für die Orgel zusammenbekommen.
Beim Dekanatstag im Anschluss an die Messe stellten sich die Kirchorte der sechs katholischen Kirchengemeinden in Pavillons vor. „In der Coronazeit sind nicht mehr so viele Menschen zum Gottesdienst gekommen“, erzählte Elisabeth Wollborn am Immingeröder Stand. Einige hätten sich mit dem Tragen der Mase schwergetan, anderen habe der gemeinsame Gesang gefehlt. Nun könne es eigentlich nur besser werden.
„Händeringend“ Gruppenleiter für die 50 Duderstädter Pfadfinder suchte Henriette Kellner. Die Pandemie habe die Arbeit mit jungen Menschen „sehr erschwert“. Mit alkoholfreien Cocktails warb sie zusammen mit Sohn Joris um Interesse für die katholische Pfadfinderei.
„Wir haben während der Coronazeit einen Besuchsdienst bei älteren Mitgliedern organisiert“, sagte Beatrix Hübenthal von der Katholischen Frauengemeinschaft Desingerode und Esplingerode. „Viel Austausch lief über WhatsApp“, ergänzte Hildegard Freckmann von der Seulinger Frauengemeinschaft.
„Die Lockerungen erlauben uns wieder, ein Programm aufzustellen“, freute sich Helmut Otto, der Vorsitzende des Kolping-Bezirksverbands. Die in 22 Kolpingfamilien organisierten 1500 Mitglieder hätten unter Corona „arg gelitten. Umso wichtiger seien die Wallfahrten, die nun wieder die Menschen zusammenbrächten, sagte Weihbischof Schwerdtfeger.
Michael Caspar