Gewissensqual der Gottesdiener
Petra Morsbach las zum Aschermittwoch der Künstler in der Hildesheimer Dombibliothek
Hildesheim (bph) Isidor Rattenhuber! Er stand ganz klar im Mittelpunkt der diesjährigen Lesung zum Aschermittwoch der Künstler am Mittwochabend in der Hildesheimer Dombibliothek, auch wenn er nur eine erdachte Figur ist: Isidor Rattenhuber, unglücklich verliebter Pfarrer in Bayern. Petra Morsbach verhalf ihm in ihrer humorvoll-melancholischen Lesung zum Leben. Sehr zur Freude der zahlreichen Gäste – und des Bischofs Norbert Trelle.
„Hoffentlich werde ich mich nicht eines Tages in einem Ihrer Bücher wieder finden“, sagte Trelle lächelnd bei der Eröffnung des literarischen Aschermittwochs der Künstler. Die Gefahr sei groß, denn in Petra Morsbachs Büchern habe er immer das Gefühl, Bekannte zu treffen. Andererseits sei es nicht tragisch, von Petra Morsbach beschrieben zu werden. „Sie haben eine freundliche und liebevolle Art des Humors“, bescheinigte er der Autorin, „nüchtern, bisweilen lakonisch aber immer mit viel Sympathie für Ihre Figuren.“
Besonders die Figur des Isidor Rattenhuber hatte es dem Bischof angetan. Als Hauptfigur von Morsbachs Roman „Gottesdiener“ ist Rattenhuber ein Mittvierziger, der trotz seines Stotterns Priester wurde und als Pfarrer einer bayerischen Pfarrgemeinde einiges erlebt, bis hin zu den unerhörten Sehnsüchten nach einer jungen Frau.
Petra Morsbach selbst las dann einige Kapitel aus ihrem Buch und brachte die Zuhörer mit ihrem feinsinnigen Humor mehr als einmal zum Lachen. So lässt sie einen ehemaligen Pfarrer, der dann geheiratet hat, zu Rattenhuber sagen: „Als Pfarrer war ich tagsüber 16 Stunden lang glücklich und nachts acht Stunden lang unglücklich. Als Ehemann ist es nun umgekehrt!“ Köstlich auch die Stelle, wo Rattenhuber erfolgreich versucht, den zukünftigen Ehemann seiner Angebeteten mit den Feinheiten des katholischen Eherechts zur Verzweiflung zu bringen. Für ihn jedenfalls gilt nicht, was er von anderen Priestern sagen konnte: „Es ist leicht, seine Leidenschaft zu besiegen, wenn man keine hat!“
Petra Morsbach wurde 1956 in Zürich geboren, studierte in München und Leningrad Theaterwissenschaften und promovierte 1983. Die folgenden zehn Jahre arbeitete sie für das Theater, vor allem die Opernbühne, als Regieassistentin, dann als Dramaturgin und schließlich als freie Regisseurin in Freiburg im Breisgau, in Ulm und Bonn. Seit 1993 ist sie freie Autorin und veröffentlicht vor allem Romane und Erzählungen, unter anderem 2004 den Roman „Gottesdiener“. Die Welt der Musik scheint 1998 im „Opernroman“ und im aktuellen Roman „Der Cembalospieler“ von 2008 auf. Unter den Auszeichnungen ihrer Arbeit sind unter anderem der Johann-Friedrich-von Cotta-Literaturpreis und der Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung zu nennen.
Die Ausstellung zum „Aschermittwoch der Künstler“ läuft unter dem Titel „L’Art Sacré – Liturgische Räume“ noch bis zum 22. März im Roemer- und Pelizaeus-Museum Hildesheim. Die Ausstellung zeigt Fotografien des Hannoverschen Künstlers Prof. Manfred Zimmermann von französischen Kirchen.