Geteilte Vision

Erfahrungen von den Philippinen sind Thema eines Studientag des Bistums zur Kirchenentwicklung

Wie kann sich Kirche verändern? Was sind die ersten Schritte dabei? Diese beiden Fragen standen im Mittelpunkt eines international besetzen Studientages im Tagungshaus Priesterseminar in Hildesheim.

 

 

„Veränderungen beginnen mit einem Traum, mit einer geteilten Vision“, betont der auf den Philippinen wirkende Father Mark Lesage. Der Ordensmann ist Direktor des pastoralen Zentrums Bukal ng Tipan (auf Deutsch: „Quell des Bundes“) in der Erzdiözese Manila. Das Institut arbeitet für verschiedene Diözesen im Inselstaat und im asiatischen Raum.

„Der erste Schritt, die Kirche zu erneuern besteht darin, etwas herauszufinden: Was brauchen die Menschen in der Nachbarschaft wirklich?“, berichtete der 78-jährige Lesage. Diese Erfahrung hat er in 30 Jahren als Seelsorger einer Pfarrei mit 80000 Katholiken gemacht. Kirche könne dann viele Menschen anziehen, wenn sie ihnen Raum bietet, um ihre Ideen und Vorstellungen einzubringen. Durch diese Teilhabe könne das entstehen, was Lesage eine „geteilte Vision“ nannte.

Aus diesen Erkenntnissen wurde in Bukal das sogenannte „Journey-Program“ entwickelt: „Es ist tatsächlich eine Reise, auf die wir uns mit Diözesen und Pfarreien begeben“, erläuterte Dr. Estela Padilla, Mitarbeiterin des Zentrums. Fünf Schritte umfasse diese Reise: „Im ersten Schritt suchen wir gemeinsam, wonach sich Menschen in der Nachbarschaft sehnen.“ Dabei gehen Mitarbeiter von Haustür zu Haustür. Der zweite Schritt sei eine gemeinsame Umkehr: „Wir bieten dazu Besinnungstage für den Bischof und die Priester einer Diözese an.“ Die Schritte drei und vier dienen der praktischen Umsetzung der geteilten Vision: ein pastoraler Plan, bei dem vor allem die Gläubigen in den Pfarreien ihre Vorstellungen von Kirche einbringen, wird erarbeitet. „Wir raten dazu, die Menschen ihren Traum von Kirche selbst formulieren zu lassen, in ihren eigenen Worten“, stellte Padilla heraus.

Zudem werden Teams aus engagierten Gläubigen ausgebildet, die der Vorstellung einer veränderten Kirche Struktur geben. „Da geht es um zum Beispiel um das Bilden und Stärken von kleinen christlichen Gemeinschaften“, ergänzte Aleli Gutierrez, wie Padilla Mitarbeiterin von Bukal. Schritt fünf diene dem Stabilisieren des Prozesses. Dazu können pastorale Räte eingerichtet werden, aber wichtiger sei, „dass die Kirche in einen ständigen Dialog mit ihrer Nachbarschaft, mit der Welt tritt“, fasste Father Lesage zusammen. Strukturen seien wichtig für eine geteilte Vision, doch komme es vor allem darauf an „Zeugnis von der Zuwendung Gottes zu den Menschen zu geben.“

„Wir sind eine Weltkirche und Erfahrungen, wie sie zum Beispiel auf den Philippinen gemacht werden, sind für uns eine große Bereicherung“, sagt der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle, der selbst am Studientag teilgenommen hat. Er zeigte sich beeindruckt, wie kirchliche Basisgemeinschaften die katholische Kirche des Inselstaates bereichern und dabei vor allem das wirkliche Leben der Menschen in den Kirchen- und Kapellengemeinden in den Mittelpunkt rücken.

Trelle war nicht der einzige Bischof, der an der Tagung teilgenommen hat. Zu den Teilnehmern zählten unter anderem der Bischof von Basel, Dr. Felix Gmür, die Weihbischöfe Ludger Schepers (Essen) und Dr. Christoph Hegge (Münster) sowie Domkapitular Dr. Leo Wagener, der bischöfliche Delegierte für den Bereich der Pastoral des Erzbistums Luxemburg. Der Studientag wurde vom Fachbereich Missionarische Seelsorge im Bischöflichen Generalvikariat veranstaltet.