Getaufte Landschaften
Bischof Norbert Trelle würdigt die Einigung Europas
Hildesheim (bph) Einen Selbsthass Europas beklagt der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle. Während Angriffe auf Judentum und Islam zu Recht Empörung auslösen würden, scheine Europa seine christlichen Wurzeln zu vergessen, sagte Trelle am Montagabend in Hildesheim beim Lions-Club Hildesheim-Marienburg.
Europa hat jüdisch-christliche Wurzeln, betonte Trelle in seiner Rede „Kirche in Europa – 50 Jahre nach den römischen Verträgen“. Wer durch Europa gehe, treffe überall auf die Spuren des Christentums – ob in Kirchen und Klöstern oder den Wirkungsstätten von Heiligen. „Getaufte Landschaften“ sieht der Hildesheimer Bischof überall auf diesem Kontinent. Das Christentum als Herz der europäischen Geschichte habe auch die wesentlichen moralischen Grundlagen dieses Kontinents zumindest mitgeprägt: Freiheit, Toleranz, Solidarität, Menschenwürde. Selbst da, wo es durch Aufklärung und Säkularisierung Gegenbewegungen gegeben habe, hätten sie sich doch an den Werten des Christentums gemessen. An der Säkularisierung findet Trelle übrigens auch viel Positives: „Sie hält uns Kirchen den Spiegel vor und ist eine Herausforderung“.
Den Wert des Christentums für die Entwicklung Europas haben nach Trelles Einschätzung auch die Väter der europäischen Einigung verstanden. Die Gestalter der römischen Verträge, die vor 50 Jahren die europäische Einigung voranbrachten, bezogen sich bewusst auf christliche Traditionen. Manchmal auch eher versteckt, so Trelle. Die europäische Flagge mit dem Sternenkranz auf blauem Grund ist nach Trelles Aussage eine Anspielung auf den Sternenkranz Mariens. Zudem ist Blau in christlicher Tradition die Farbe der Gottesmutter.
Ausführlich würdigte der Hildesheimer Bischof die Unterzeichnung der römischen Verträge. Es sei geradezu „unvorstellbar“, wie sich der Wille zur Versöhnung einige Jahre nach einem vernichtenden Weltkrieg breit gemacht habe. Darum ist die Geschichte Europas der vergangenen Jahrzehnte in den Augen Trelles eine klare Erfolgsgeschichte. Zu Recht habe man daher das 50. Jubiläum der römischen Verträge groß gefeiert. Bedenklich findet Trelle dagegen, dass vielen Menschen zu Europa in erster Linie negative Dinge einfallen und sie oft das „Haar in der Suppe“ suchen. Außerdem wünscht sich Trelle etwas mehr Rückbesinnung auf die eigenen Wurzeln.