Für den Glauben in den Tod
Prof. Dr. Helmut Moll sprach über Nazi-Opfer unter den Christen im Bistum Hildesheim
Hildesheim (bph) Manchmal waren es nur Zufälle: ein Witz, eine unbedachte Äußerung konnte gläubige Christen im Nationalsozialismus das Leben kosten, auch im Bistum Hildesheim. Prof. Dr. Helmut Moll hat in einem zweibändigen Werk diesen Märtyrern einen Namen gegeben. Am Montagabend sprach er im Hildesheimer Priesterseminar beim „Verein für Geschichte und Kunst im Bistum Hildesheim“ zum Thema: „Glaubenszeugen des Bistums Hildesheim aus der Zeit des Nationalsozialismus – dem Vergessen entreißen!“
Sie starben so unterschiedlich, wie sie gelebt hatten: an Hunger in einem Konzentrationslager, unter den Stiefeltritten fanatischer SS-Soldaten, unter dem Fallbeil, am Galgen – Zeugen des christlichen Glaubens, darunter viele Priester. Wenn sie wegen ihres Glaubens leiden mussten und ihren Tod als Willen Gottes annahmen, dann können sie nach den Regeln der katholischen Kirche als Märtyrer gelten. Der damalige Papst Johannes Paul II. hat in den 90er Jahren einmal angeregt, ein „Martyrologium“, also ein Verzeichnis der Märtyrer des 20. Jahrhunderts, zu erarbeiten. Prof. Dr. Helmut Moll, Priester des Erzbistums Köln, hat diese Aufgabe im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz für Deutschland übernommen und im Jahre 1999 die erste Auflage seines zweibändigen Werkes „Zeugen für Christus. Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts“ vorgelegt. Daraus sind inzwischen fünf Auflagen geworden, da immer neue Fakten bekannt werden.
Auch im Bistum Hildesheim wurde gelitten. Beeindruckend und beklemmend zugleich war die Liste der Opfer, die Moll im Priesterseminar vor einer großen Gruppe Interessierter vortrug. Das Schicksal der Pfarrer Joseph Müller und Christoph Hackethal ist noch recht bekannt. Wegen eines regimekritischen Witzes wurde der eine verhaftete, für die Behauptung „Der Krieg kann nicht mehr gewonnen werden“, der andere. Müller machte die unangenehme Bekanntschaft des Volksgerichtshofs und wurde dort zum Tode verurteilt, Hackethal starb im Konzentrationslager Dachau. Im weitesten Sinne ist auch Edith Stein eine Blutzeugin des Bistums, sie hatte nämlich in Göttingen studiert. Doch es gibt auch viele weitgehend unbekannte Männer und Frauen, die nicht weniger schrecklich für ihre Überzeugung büßen mussten. Benedikt Schmittmann zum Beispiel, der Hitler beim Katholikentag in Hannover 1937 als „Mann im Mond“ bezeichnete und dafür ins KZ kam oder Max Joseph Größer aus Hannover-Döhren, der Pallottiner wurde, in Hamburg das Raphaelswerk leitete und dort vielen Menschen, auch Juden, zur Flucht aus Deutschland verhalf.
Besonders perfide gingen die Nazis bei dem Eichsfelder Franz Iseke vor. Der Pfarrer versuchte, die Jugendlichen des Eichsfelds gegen den Nationalsozialismus zu beeinflussen und wurde wegen angeblicher „Sittlichkeitsverbrechen“ angeklagt. Ein übliches Vorgehen damals, wie Moll betonte: Die Nazis gewannen Kinder oder Eltern für eine falsche Aussage gegen einen Kleriker, schon stand der Verdacht der Unsittlichkeit – heute würde man dies sexuellen Missbrauch nennen – im Raum. Iseke starb 1938 an gebrochenem Herzen, er hielt diese Vorwürfe nicht aus. Noch andere Männer und Frauen wären zu nennen. Sie alle haben es verdient, dem Vergessen entrissen zu werden, wozu Moll einen wichtigen Beitrag geleistet hat. Das rege Interesse an seinem Vortrag zeigte, dass die Menschen bis heute Anteil an diesen Schicksalen nehmen.