Frischer Wind am Domhof
Alle fünf JuniorJobber haben die Probezeit im Bistum bestanden
Hildesheim (bph) Mit fünf befristeten „JuniorJobs“ hat das Bistum Hildesheim im vergangenen Jahr frischen Wind in seine Belegschaft gebracht. Nach einem halben Jahr zieht Personalchef Hans-Georg Ruhe nun eine erste positive Bilanz des Experiments. Zumindest machen alle JuniorJobber weiter!
„Sie sind jung und haben Ahnung. Und nun wollen Sie zeigen, was Sie können. Zum Beispiel in einem unserer JuniorJobs?“ So stand es im März 2008 auf der Homepage des Bistums Hildesheim und war nachzulesen in den Stellenanzeigen überregionaler Zeitungen. In Bezug auf die Qualifikation hat Personalleiter Ruhe nach eigener Einschätzung gute Leute bekommen. Das mit der Jugendlichkeit relativiert er dagegen inzwischen. „Gute Ideen und Ehrgeiz sind nicht unbedingt an ein junges Alter gebunden“, sagt der erfahrene Personalleiter, „auch Berufsanfänger können als ‚jung‘ gelten.“ Hintergrund dieser Klarstellung: Eine der JuniorJobberinnen geht schon auf die 50 zu, macht aber auf ihrem Arbeitsgebiet tatsächlich die ersten Schritte.
Seit September 2008, in einem Falle schon seit August, bemühen sich die vier Damen und ein Herr auf ihren halben Stellen zum Beispiel um angehende Religionslehrer, um „Kleine Christliche Gemeinschaften“ oder um das Fundraising für Schulen. Eingestellt wurden sie ganz regulär nach einem Auswahlverfahren, da die Resonanz auf die Anzeigen des Bistums recht groß war. Bis Herbst 2010 sollen sie in ihrem jeweiligen Arbeitsbereich vorzeigbare Ergebnisse vorweisen können. „Dann soll das jeweilige Projekt stehen“, macht Personalchef Ruhe klar. Was das im Einzelfall konkret bedeutet, könne man jetzt noch nicht sagen. Vieles wird laut Ruhe die Praxis erweisen.
An eine Verlängerung der Stellen ist zunächst nicht gedacht. Im Idealfall laufen die Projekte ab September 2010 von alleine weiter oder können von anderen Mitarbeitern übernommen werden. Die JuniorJobber schieben die Projekte quasi nur an und betreten damit oft auch Neuland. Dafür bekommen sie ausreichend Zeit zur Einarbeitung und das Bistum will sich laut Ruhe „großzügig bei Fortbildungen“ zeigen, auch um in eineinhalb Jahren die Chancen der Sechs auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.
Die fünf JuniorJobber im Einzelnen:
Mit ihren 48 Jahren ist Alexa Gröner keine Juniorin mehr, dafür aber neu in ihrem Arbeitsgebiet, dem „Schulfundraising“. Dabei hilft sie den Schulen nach eigener Auskunft „ein eigenes Fundraising-Format zu entwickeln“. Ein konkretes Beispiel macht deutlich, was das bedeuten kann: Die katholische Ludwig-Windthorst-Schule in Hannover möchte eine Bandklasse gründen, was Geld kostet. Gröner hilft der Schulleitung dabei, an Fördergelder zu kommen und Spenden von Unternehmen oder Privatpersonen einzuwerben – Fundraising eben. „Wir möchten die Schule in die Lage versetzen, Fundraising selbst zu gestalten“, sagt die Fundraiserin. Dafür drückt Alexa Gröner selbst noch die Schulbank und absolviert zur Zeit eine Ausbildung zur „Fundraising-Managerin“ an der Fundraising-Akademie in Frankfurt. Im Juni dieses Jahres will sie fertig sein.
Das wäre nicht der erste Titel für Alexa Gröner, die in Essen geboren und aufgewachsen ist. Bereits 1982 hat sie an der Stuttgarter Merz-Akademie den Titel Graphik-Designerin erworben und rund zwölf Jahre lang in verschiedenen Werbeagenturen gearbeitet, Konzepte erarbeitet, Werbeauftritte und Webseiten gestaltet. 1993 baute sie mit einem Partner in Köln eine eigene Agentur für neue Medien auf, die sie bis 2000 mit führte. Danach verlegte sie sich mit ihrer neuen Agentur „authentic design“ mehr auf das Erstellen von Kommunikationskonzepten und engagierte sich ehrenamtlich in der Kölner Pfarrgemeinde St. Aposteln. Bei einem „Tag der Öffentlichkeitsarbeit“ im Erzbistum Köln wurde sie auf das Fundraising aufmerksam und hat darin ihre Passion gefunden. Als sie dann von der Hildesheimer Ausschreibung erfuhr, zögerte sie keine Minute: „Ich wollte immer in einem christlich katholischen Zusammenhang arbeiten“, sagt Alexa Gröner.
Markus Jäckel (28) ist in Cottbus aufgewachsen und 1991 nach Hameln gezogen. Nach dem Abitur dort absolvierte er seinen Zivildienst 16 Monate lang in Bolivien und hat dort auch Spanisch gelernt. Zum Studium der Theologie zog es ihn dann aber wieder in den Osten, nach Erfurt. Ein Auslandsstudienjahr in Kamerun und ein längeres Praktikum in Peru darf sich Jäckel ebenfalls in den Lebenslauf schreiben.
Mit dieser reichen Auslandserfahrung ist Markus Jäckel wie geschaffen für das Projekt „Koordination internationaler Freiwilligendienste“. Jährlich brechen etwa 10.000 junge Deutsche auf, um freiwillig für eine begrenzte Zeit im Ausland Aufbauarbeit zu leisten. Zehn junge Leute tun dies auf Vermittlung des Bistums Hildesheim. Dabei gibt es viel zu organisieren. Die Jugendlichen müssen ausgewählt, auf ihren Einsatz vorbereitet und auch während ihres Auslandsaufenthaltes betreut werden. Bundesministerien stellen Gelder bereit, die abgerufen werden sollen, erklärt Jäckel. Nach der Rückkehr schließlich müssen die Erfahrungen der Auslands-Freiwilligen ausgewertet werden. Genug zu tun also für den jungen Theologen Jäckel, der quasi an der Schnittstelle zwischen den Jugendlichen, dem Bistum und den staatlichen Stellen sitzt und sich freut, eine Stelle mit „weltkirchlicher Perspektive“ zu haben.
Jüngste im Bunde der JuniorJobber ist Karolin Lorke. Die 26-jährige Lehrerin für Deutsch und Religion baut seit August letzten Jahres an der Universität Hildesheim eine „Lernwerkstatt Religionsunterricht“ auf. Das Prinzip dieser Werkstatt leuchtet schnell ein: Die Theorie an der Universität ist das eine, die Praxis im Religionsunterricht oft etwas völlig anderes. Warum beides nicht zusammen bringen? Genau daran arbeitet Lorke im Verbund mit der Schulabteilung des Bistums und der katholischen Fakultät der Universität Hildesheim. Dort, auf dem Uni-Campus, findet man auch die Lernwerkstatt: In einem Raum voller Bücher und Unterrichtsmaterialien treffen sich Dozenten und Studenten der katholischen Theologie regelmäßig mit Religionslehrern, um neue Unterrichtskonzepte zu erarbeiten und in der Praxis zu erproben. Lorke beschreibt ein einfaches Beispiel: „Wie kann man Schülern heute die Bedeutung des Weihnachtsfestes erklären?“ Eine Frage, über die sich angehende Religionslehrer im Studium die Köpfe zerbrechen mögen. Ob deren Ideen dann tatsächlich praxistauglich sind, können sie gemeinsam mit erfahrenen Lehrern in der „Lernwerkstatt Religionsunterricht“ diskutieren.
Karolin Lorke kennt beide Seiten. Sie hat selbst an der Universität Hildesheim studiert und arbeitet zur Zeit halbtags als Religionslehrerin an der katholischen Albertus-Magnus-Schule in Hildesheim. Die junge Lehrerin kommt aus Seevetal und wohnt in Braunschweig.
Auch im Bistum Hildesheim gibt es „Kleine Christliche Gemeinschaften (KCG)“. Das sind Gruppen, die gemeinsam die Bibel lesen und sich um ein christliches Leben bemühen – in oder auch außerhalb einer klassischen Pfarrgemeinde. Solche Gemeinschaften miteinander zu vernetzen ist die Aufgabe von Mechthild Samson-Ohlendorf (37). Eine Aufgabe, für die die studierte Theologin oft unterwegs ist. Sie besucht die Kleinen Christlichen Gemeinschaften vor Ort, berät und gibt Starthilfe. Den Austausch zwischen den Gemeinschaften will sie durch regionale, diözesane und bundesweite Treffen sowie thematische Workshops unterstützten. „Das ist eine Möglichkeit, den Glauben vor Ort lebendig zu halten“, gibt Samson-Ohlendorf zu bedenken, denn viele Menschen fühlen sich durch die herkömmliche Pfarrgemeinde nicht mehr angesprochen. In anderen Teilen der Erde, zum Beispiel Indien und Afrika, sind KCG längst etabliert. Dagegen tun sich deutsche Bistümer oft noch schwer mit dieser Form des Glaubenslebens. Nicht wenige Theologen glauben jedoch, dass den Kleinen Christlichen Gemeinschaften auch in der deutschen Kirche die Zukunft gehört. Dann hätte Samson-Ohlendorf eine der wichtigsten Stellen des Bistums!
Für diese Aufgabe kann Mechthild Samson-Ohlendorf ein Studium der Theologie und Philosophie an der Frankfurter Jesuitenhochschule Sankt Georgen in die Waagschale werfen. 1993/94 war sie zudem an der Franciscan School of Theology in Berkeley, USA. Samson-Ohlendorf kommt aus Nordhorn und lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in Laatzen.
Neue Wege für die Kirche geht, beziehungsweise sucht auch Annette Reus (28). Ihr Projekt „Aufbau einer Kirche für Suchende“ richtet sich an alle jene, die der Kirche fern stehen, aber auf der Suche nach Spiritualität sind. Eigentlich müsse es eher „Aufbau einer Kirche mit Suchenden“ heißen, sagt Reus, denn die Angebote sollen gemeinsam mit den Menschen entwickelt werden. Das Bistum Hildesheim hat dieses Projekt an die Pfarrgemeinde St. Benno in Hannover-Linden mit seinem jungen Pfarrer Dr. Wolfgang Beck angegliedert. Gemeinsam versuchen Beck und Reus einen „Erlebnisraum für Suchende“ zu schaffen, zum Beispiel durch Ausstellungen im Kirchenraum. Unter dem Titel „Kirche.Nacht.Short_Cuts“ lockte eine „Ausstellung mit Gebetsverführung“ im vergangenen Dezember Neugierige in die Kirche St. Benno. Ziel war nicht, neue Kirchgänger zu gewinnen, sondern den Menschen Gott auf eine neue Weise näher zu bringen. Ob das langfristig fruchtet? „Das wissen wir selbst noch nicht“, gibt Reus freimütig zu, „auch wir lernen noch.“
Annette Reus ist in Aschaffenburg geboren und dort in der Nähe aufgewachsen. An der Universität Bamberg studierte sie Philosophie, Theologie und Kommunikationswissenschaften. Nach dem Abschluss im September 2005 hat Annette Reus zunächst in der „Katholischen Akademie München“ gearbeitet, trat dann im Herbst 2006 in eine Ordensgemeinschaft mit ignatianischer Spiritualität ein und bereitete sich zwei Jahre lang als Novizin auf das Ordensleben vor. Dies sei aber doch nicht ihr Weg gewesen, sagt sie heute. So kam Annette Reus nach Hildesheim und hat zusätzlich zu ihrer halben Stelle als JuniorJobberin im Bistum Hildesheim inzwischen auch eine halbe Stelle als „Referentin für Ehrenamt an der Schnittstelle zur Gemeindeentwicklung“ übernommen.