Fichte fällt Bronze
Die Christussäule im Hildesheimer Dom ist abgebaut
Hildesheim (bph) Sechs Mann und ein Kubikmeter Fichte haben die Christussäule im Hildesheimer Dom gefällt. Am Dienstagnachmittag hoben die Experten des Spezialunternehmens Hasenkamp aus Frechen bei Köln die Christussäule an und brachten sie in die Horizontale. Bis zum Abtransport in die Michaeliskirche am 30. September liegt die Säule nun vor den Bernwardtüren.
Letztlich wurde die Säule mit einem Gesamtgewicht von rund 3,5 Tonnen von zwei Portalkränen bezwungen, die die Säule in ihrem Holzkorsett vorsichtig nach oben anhoben. Mit einem weiteren starken Seil zogen Schreinereileiter Matthias Szarata und seine fünf Männer vom Unternehmen Hasenkamp die Säule dann in die Waagerechte, hoben sie auf eine Palette und brachten sie in den kleinen Vorraum vor den Bernwardtüren. Dort erwartet das mittelalterliche Prachtstück seinen Abtransport auf den Michaelishügel. Bis dahin soll es aber noch gründlich untersucht werden. Prof. Dr. Michael Brandt, Domkustos und Direktor des Dom-Museums, erhofft sich davon neue Erkenntnisse über mittelalterliche Gusstechniken.
Dieser spektakulären Aktion waren monatelange Vorbereitungen voraus gegangen. An einem kleinen Modell hatten die Fachleute von Hasenkamp die beste und schonendste Verpackung für die Christussäule, die immerhin zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, erprobt. Sie entschieden sich für ein stabiles Holzgerüst aus Fichte, das lediglich am spiralförmigen Schmuckband an der Christussäule angreift. Die Kontaktstellen sind gummiert. Die Fachleute benötigten schließlich den gesamten Montag, um die Säule in ihr Korsett zu pressen. Bevor die Säule aber gekippt werden konnte, musste erst das Kapitell entfernt und die Basis vom Schaft gelöst werden. So wird das Gesamtkunstwerk schließlich in drei Teilen nach St. Michaelis geliefert.
Das Unternehmen Hasenkamp ist ein internationaler Logistikdienstleister und erfahren im Transport wertvoller Kulturgüter. Hasenkamp hat unter anderem schon das Heer der chinesischen Tonkrieger transportiert und verfügt über luftgefederte und klimatisierte Spezialtransporter.
Die Christussäule ist neben den Bernwardtüren im Dom der zweite monumentale Bronzeguss, den Bischof Bernward von Hildesheim (960 bis 1022) in Auftrag gab, vermutlich um das Jahr 1020. Sie hat eine Höhe von 3,79 Meter von der Basisplatte bis zum oberen Schaftabschluss und wiegt rund 3,5 Tonnen, der Durchmesser des Schaftes beträgt 58 Zentimeter. Die Christussäule orientiert sich an klassischen Vorbildern wie den Kaisersäulen in Rom und zeigt einige Episoden aus dem Leben Jesu von der Taufe Christi im Jordan bis zum Einzug in Jerusalem. Die 28 Szenen winden sich in acht Windungen spiralförmig nach oben. Bekrönt war die Säule ursprünglich mit einem Kapitell samt Kruzifix. An der Basis der Säule knien vier Figuren. Sie schütten Wasser aus ihren Urnen in die vier Himmelsrichtungen aus und verkörpern die vier Paradiesflüsse.
Bernward hat die Christussäule für seine Kirchengründung St. Michaelis in Auftrag gegeben. Dort stand die Säule auch bis zum 18. Jahrhundert. 1544 wurden Kapitell und Kruzifix zerstört und eingeschmolzen. Um den Rest der Säule vor der Zerstörung zu retten, sorgten kunstliebende Bürger dafür, dass das mittelalterliche Meisterwerk 1810 auf dem Domhof aufgestellt wurde. 1874 goss man ein neues Kapitell und am 15. Januar 1895 kam es zur Umsetzung der Säule in den Dom, wo sie bis heute im südlichen Querschiff stand.
Ein Film über die Christussäule und deren Abbau auf der Homepage "domsanierung.de"