Endlich leben!
Bischof Norbert Trelle würdigt Bedeutung der 1000jährigen Michaeliskirche
Hildesheim (bph) An das benediktinische Erbe der Hildesheimer Michaeliskirche hat Bischof Norbert Trelle erinnert. Von dieser Kirche ergehe ein prophetischer Ruf in die Welt, sagte Trelle am Freitagmittag beim Festakt zum 1.000-jährigen Jubiläum der evangelischen Kirche in Anwesenheit von Bundespräsident Horst Köhler und der EKD-Ratsvorsitzenden Dr. Margot Käßmann.
Gegründet wurde St. Michaelis vor 1.000 Jahren vom später heilig gesprochenen Bernward von Hildesheim (960 bis 1022), der das Bistum von 993 bis 1022 als Bischof führte. Über Jahrhunderte war St. Michaelis ein benediktinisches Kloster. In der Klosterregel des Heiligen Benedikt spielt die „Stabilitas“, die Beständigkeit als Zugehörigkeit zu einem bestimmten Kloster, eine große Rolle.
Kein Begriff sei in unserer Zeit so entwertet worden wie die Beständigkeit, bedauerte Bischof Norbert Trelle in seinem Grußwort. Mobilität, Flexibilität, Zeitgewinn und Beschleunigung seien die Begriffe der Erfolgreichen. „In unserer Mobilität laufen wir Gefahr, unsere Identität zu verlieren. Wir werden uns selbst immer anonymer“, beklagte Trelle. Dabei geraten nach seiner Beobachtung vor allem die gesellschaftlichen Verlierer aus dem Blick.
„Gottes Engel weichen nie“ lautet das Motto des Jubiläumsjahres für St. Michaelis. Ein gut gewählter Leitspruch, glaubt der Hildesheimer Bischof. Gottes Engel lassen sich nicht ab-schütteln. Sie bleiben, besonders an der Seite derer, die den Sprung auf den Zug der Zeit nicht schaffen, sondern unter die Räder geraten. Dadurch könne St. Michaelis auch eine Verheißung sein, den Verlierern ins Gesicht zu sehen und den Fremden und Fremdgewordenen Heimat zu geben. Eine Verheißung, einander nicht allein zu lassen – „nicht vor der Geburt, nicht im Leben und – ganz gewiss! – nicht im Sterben!“ In dieser Beständigkeit, so der Bischof weiter, „möchten wir als Ihre katholischen Glaubensbrüder und -schwestern uns dankbar einreihen in 1000 Jahre St. Michaelis, in diesen langen Marsch der Hoffnung.“ Alle, die diese „wunderbare Kirche“ betreten, Erfolgreiche wie Verlierer, sollen sagen dürfen: „Endlich leben!“
So könne das 1000-jährige Jubiläum von St. Michaelis zu Hildesheim ein Segenswort sein, das die Kirchen verbindet, ein Segenswort auch über die Stadt Hildesheim und das ganze Land, wünscht sich Bischof Trelle, denn „Segensworte sind Zuspruch gelungenen Lebens – und davon erzählt St. Michaelis, nicht zuletzt durch seine überwältigende Architektur und überfließende Schönheit.“
Gefeiert wurde das Jubiläum mit einem ökumenischen Festgottesdienst, an dem neben Bi-schof Trelle auch Bundespräsident Horst Köhler, die EKD-Ratsvorsitzende Dr. Margot Käßmann und weitere Ehrengäste teilnahmen. Zuvor war Trelle gemeinsam mit Käßmann, der niedersächsischen Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann und dem Hildesheimer Oberbürgermeister Kurt Machens vom Dom zur St. Michaelis-Kirche gelaufen – entlang eines bemalten Tuchbandes von 600 Metern, das für wenige Stunden beide Kirchen verband und von 1000 Schülern getragen wurde. Die Schüler des bischöflichen Gymnasiums Josephinum hatten unter dem Motto „1000 Jahre aufgerollt – Josephiner auf Bernwards Spu-ren“ monatelang Szenen aus dem Leben Bernwards und der Geschichte von Dom und Michaeliskirche auf Stoff gemalt und dann zusammen genäht.