Einmischen im Namen Gottes
Bischof Dr. Reinhard Lettmann sprach in Hannover über Kardinal von Galen
Hildesheim/Hannover (bph) Den Fortschritt muss man daran messen, ob er das Leben menschlicher und menschenwürdiger macht, sagte Dr. Reinhard Lettmann, Bischof von Münster, am Mittwochabend in Hannover. Der Bischof sprach beim Jahresempfang des Katholischen Büros Niedersachsen über „Kardinal von Galen als Schützer der Menschenrechte“.
Clemens August Graf von Galen, der „Löwe von Münster“, war nach Lettmanns Einschätzung kein politischer Bischof. Er sei aber zutiefst davon überzeugt gewesen, dass die christliche Botschaft eine Bedeutung für das Zusammenleben der Menschen habe, berichtete Lettmann über den 1946 verstorbenen Kardinal. Insofern war Galen, der von 1933 bis 1946 auf dem Bischofsstuhl von Münster saß, ein „prophetischer Bischof“, so Lettmann. Prophetisch, weil er sich im Namen Gottes einmischte.
Von Galens Schwert gegen die Nationalsozialisten war das Wort. In verschiedenen Predigten wandte sich der Bischof deutlich gegen das neuheidnische Götzentum der Nazis, die Blut, Staat und Rasse an die Stelle Gottes gesetzt hatten. Gerechtigkeit ist das Fundament aller Staatswesen. Daran ließ von Galen nie einen Zweifel. Nur eine Obrigkeit, die nach dem Willen Gottes handelt, kann Gehorsam verlangen.
Warum hat der mutige Bischof nicht gegen die Verfolgung der Juden protestiert? „Wir wissen es nicht“, bekannte von Galens Nachfolger Lettmann in Hannover freimütig. Man könne nur vermuten, dass die schlechten Erfahrungen in Holland von Galen von Protesten abhielt. In Holland hatten die Nazis nach dem Protest katholischer Bischöfe auch die katholisch getauften Juden deportiert, darunter Edith Stein.
Galen predigte unter Lebensgefahr. Heute wissen wir, dass die Nationalsozialisten Pläne hatten, von Galen zu verhaften. Nur die Angst vor dem Zorn der katholischen Münsterländer habe das verhindert, erzählte Lettmann.
Gefährdungen des menschlichen Leben gibt es auch heute, schlug Lettmann schließlich einen Bogen zur Gegenwart. Entschieden erteilte der Bischof allen Überlegungen eine Absage, den Wert eines Menschen allein nach dessen Nutzen für die Gesellschaft zu bewerten. Darum seien die Fortschritte der Wissenschaft sehr kritisch zu begleiten. Wissenschaft müsse helfen, die Welt lebenswerter zu machen; den Fortschritt müsse man daran messen, ob er das Leben menschlicher mache, sagte Lettmann in Hannover und erntete dafür viel Applaus.