Ein Schatz an Kirchengedächtnis
Das Bistumsarchiv hat eine neue Außenstelle in Duderstadt eingerichtet
Ein halbes Jahrtausend Kirchengeschichte in Dokumenten – das umfasst die neue Außenstelle des Bistumsarchivs in Duderstadt. Bistumsarchivar Dr. Thomas Scharf-Wrede hofft, diesen „Schatz an Kirchengedächtnis“ gemeinsam mit Geschichtsinteressierten heben zu können.
Dreißigjähriger Krieg, Auflösung der Fürstbistümer, Ränkespiele von Preußen und dem Königreich Hannover, zwei Weltkriege, deutsche Teilung und Wiedervereinigung: Diese Zeitspanne umfassen die Dokumente aus den Gemeinden des Dekanates Untereichsfeld, die zugänglich gemacht werden. „Die ältesten Dokumente stammen aus dem frühen 16. Jahrhundert, die jüngsten aus der Jahrtausendwende“, erläutert Dr. Thomas Scharf-Wrede.
Die Kirchenbücher, Urkunden, Dokumente, Karten, Siegel, Zeichnungen und weitere Druckerzeugnisse lagern sortiert in 1600 Kartons. „Aneinandergereiht würden sie 450 laufende Meter Akten ergeben“, rechnet der Bistumsarchivar um. Zur Veranschaulichung: Das ist 50 Meter mehr als beispielsweise Eisschnellläufer bei einer Bahnrunde zu bewältigen haben.
„Das Eichsfeld ist natürlich spannend für uns“, betont Scharf-Wrede. Es ist, neben dem Stift Hildesheim, die Bistumsregion, die durchgängig katholisch geblieben ist – durch die jahrhundertelange Zugehörigkeit zum Fürstbistum Mainz. Durch den Ausbau der Besitzungen durch die Fürstbischöfe, aber auch durch die Insellage des Eichsfeldes ist die Regionsgeschichte ganz eng mit den Kirchengemeinden verbunden: „Für Historiker ein echter Schatz“, meint Scharf-Wrede. Diesen Schatz möchte das Bistum zusammen mit Geschichtsinteressierten heben: „Deshalb haben wir nicht nur ein Magazin im Haus St. Georg eingerichtet, sondern auch einen Lesesaal und Arbeitsplätze.“
Zudem kümmert sich mit Torsten Schuchart ein Mitarbeiter des Bistumsarchivs um die Anliegen von Nutzern – wenn auch in Teilzeit. Vieles lasse sich anhand der Dokumente für die Geschichte der eigenen Kirchengemeinde rekonstruieren: Wegkreuze, Friedhöfe, Orgeln, das Wirken von Pfarrern und Kirchenvorständen seien da nur einige Beispiele. Doch das Heben des Schatzes ist mit Arbeit verbunden: „Allein das Übertragen von alter deutscher in die heutige Schrift ist ein große Aufgabe“, sagt Scharf-Wrede.
Gute Erfahrungen hat das Bistum mit Interessierten gemacht, die ein „Ortsfamilienbuch“ erstellen: „Die überwiegende Zahl von ihnen kam ohnehin aus dem Eichsfeld.“ Gerade die Familiengeschichte sei ein weiterer Beleg dafür, wie eng Kirchen- und Lokalgeschichte verwoben waren: „Landwirtschaftlich geprägt mit Pächter auf Kirchengrund, lässt sich so auch nachvollziehen, wer wann das Eichsfeld verlassen hat.“ Gerade durch Industrialisierung suchten viele Eichsfelder anderswo Arbeit und Zukunft: „Ein weites Forschungsfeld.“
Die Außenstelle des Bistumsarchivs in Duderstadt befindet sich im Haus St. Georg (Kardinal-Kopp-Straße 31). Öffnungszeiten: dienstags 9 bis 12, donnerstags 15 bis 18 Uhr. Absprachen unter Telefon: 0 55 27/94 14 55.