Ein Reisender für die Kirche
Vor 25 Jahren wurde Dr. Josef Homeyer zum Bischof von Hildesheim geweiht
Hildesheim (kiz/bph) „Bischof Homeyer“ – ein Begriff, fast eine Marke, in Hildesheim und weit darüber hinaus. Seit einem Vierteljahrhundert gehören beide Wörter zusammen, denn vor genau 25 Jahren, am 13. November 1983, wurde der damalige Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) im Hildesheimer Dom zum 69. Bischof von Hildesheim geweiht. Bis zu seiner Emeritierung im August 2004 hat Homeyer im Bistum und vor allem in Osteuropa deutliche Spuren hinterlassen. Auch heute noch pflegt der inzwischen 79-Jährige Kontakte in alle Welt.
Diözesansynode, Benediktinerinnenkloster Marienrode, Forschungsinstitut für Philosophie Hannover (FIPH), Bolivienpartnerschaft, „Friedensgrund“ – das sind nur einige der Begriffe, die man mit der fast 21-jährigen Amtszeit des ehemaligen Hildesheimer Bischofs verbindet. Keine Frage: Homeyer hat in diesen zwei Jahrzehnten zahlreiche Projekte und Initiativen angestoßen, die bis heute Bestand haben. Geholfen hat dem Bischof dabei auch seine eiserne Disziplin. Bis spät in die Nacht brannte das Licht in seinem Arbeitszimmer.
Ganz so hektisch wie damals geht es im Haus des emeritierten Bischofs heute nicht mehr zu. Sein Tagesablauf ist heute geregelter als früher. Homeyer schläft länger, feiert in seiner Hauskapelle die heilige Messe, nimmt sich Zeit für das Stundengebet, liest viel, läuft oder spaziert um den Hohnsen, einen nahe gelegenen See. Homeyers frühere Sekretärinnen, selbst längst im Ruhestand, sind stundenweise weiterhin für ihn da, und auch seine Hauswirtschafterin bekocht ihn und die Hausgemeinschaft noch immer. Homeyer wohnt nur drei Häuser von seinem alten Domizil am Hildesheimer Domhof entfernt. An der Rückseite seines Hauses liegt ein herrlicher Garten mit Nutzpflanzen, Ziergehölzen und einem kleinen Hühnerstall – ein echtes Idyll.
Doch der Ruhestand von Bischof Homeyer ist alles andere als beschaulich. Noch immer ist er viel unterwegs, bereist die Staaten des ehemaligen Jugoslawiens, außerdem Albanien, Rumänien und Bulgarien. Als ehemaliger Präsident der Kommission der Bischofskonferenzen der EU (ComECE) hat er dorthin über Jahrzehnte hindurch Kontakte geknüpft und bis heute ist der Rat des 79-Jährigen gefragt. Er steht als Gesprächspartner zur Verfügung, hört zu, bringt seine Erfahrungen ein. Er erklärt, wie der Westen denkt und welche Werte ihn bewegen, er hilft bei der Errichtung interreligiöser Räte, in denen Christen verschiedener Konfessionen mit Muslimen und Juden ins Gespräch kommen.
„Es ist unerhört wichtig, die Geschichte dieser Länder zu kennen“, sagt er. Und wenn der Bischof anfängt, davon zu erzählen, dann mag er gar nicht mehr aufhören. Da sprudeln Jahreszahlen aus ihm heraus und Kreuzzüge werden lebendig. Da geht es um Ost- und Westrom und um Schlachten und Friedensschlüsse. Es habe eine 1000-jährige Ost-West-Entfremdung gegeben, erklärt der Bischof. Nicht die Religion sei daran schuld, sondern menschliches und politisches Versagen. Die Folgen seien bekannt, jetzt gehe es um Versöhnung und eine Aufarbeitung der Geschichte. Dabei will er helfen.
Was Homeyer immer wieder begeistert ist die eigene, reiche Kultur der Völker des Balkans, ihr tiefer Sinn für Familie, Zusammenhalt und Religion. „Die orthodoxe Liturgie prägt die Menschen“ weiß er, „ihre tiefe Frömmigkeit, verblüfft mich immer wieder“. Als 1992 in Albanien das kommunistische System zusammenbrach, waren alle Kirchen umfunktioniert zu Lagerhallen oder Museen, kein einziger Bischof befand sich mehr im Land. Homeyer: „In einer solchen Situation Menschen zu erleben, die Gott danken, dass sie diese Zeit erleben durften, das war beeindruckend. Diese Reisen sind wie Exerzitien, eine ganz ungewöhnliche Bereicherung.“
Homeyers zahlreiche Besuche in Südosteuropa haben auch auf seinen Alltag in Hildesheim abgefärbt: In seinem Arbeitszimmer hängen Ikonen, im Regal stehen Bücher zur Orthodoxie und im Esszimmer findet sich eine Auswahl an Spirituosen mit fremdländischen Namen und kyrillischen Aufschriften. Wenn er zu einem Buch greift, dann geht es meistens um die Geschichte des Balkans. Was würde der Bischof machen, wenn er mehr Zeit hätte? Die Antwort lässt nicht lange auf sich warten: „Noch häufiger in diese Länder reisen.“
Mehr als zwei Jahrzehnte hat Josef Homeyer an der Spitze des Bistums Hildesheim gestanden und ihm in vielen Bereichen seinen Stempel aufgedrückt. Was war für ihn rückblickend das Wichtigste? „Die Diözesansynode, sie war grundlegend und entscheidend“, sagt der Bischof. Der damalige Grundgedanke „Auf neue Art Kirche sein“ habe sich durchgesetzt: Priester und Hauptberufliche sähen ihre Arbeit zunehmend als Dienst an der Gemeinde, Laien sich selbst als Subjekt, als Handelnde. Eine der frühen Initiativen Homeyer war die Gründung einer Partnerschaft des Bistums Hildesheim mit der Kirche Boliviens. Dankbar sei er, dass eine Reihe von Gemeinden einen partnerschaftlichen Austausch pflegen, erklärt Homeyer. Dennoch wären in seinen Augen noch intensivere Kontakte wünschenswert. Auch der Gedanke, dass es nicht um Patenschaft, sondern um Partnerschaft gehe, könne noch ausgebaut werden, auch wenn dies durchaus im Bewusstsein sei.
Wie erlebt der Mann, der lange die Verantwortung für das Bistum getragen hat, die Diözese heute? Anfangs sei das natürlich eine Umstellung gewesen, bekennt Homeyer. Aber zunehmend empfinde er es als eine wunderbare Erfahrung, rückblicken zu können. „Es ist gut zu wissen, dass ein guter Nachfolger für mich gefunden wurde und er bei allen notwendigen eigenen Akzenten die eingeschlagene Linie fortsetzt“, würdigt Homeyer die Politik seines Nachfolgers Norbert Trelle. „Manchmal blicke ich etwas wehmütig zurück, aber insgesamt ist es wohltuend zu sehen, wie die Dinge im Bistum weitergehen. Ich möchte sagen, es sind glückliche Erfahrungen.“
Dr. Josef Homeyer wurde am 1. August 1929 in Harsewinkel im Kreis Gütersloh geboren. Nach dem Studium der Theologie und Philosophie in Münster und Innsbruck erhielt er 1958 in Münster die Priesterweihe. Seine Kaplansjahre verbrachte er in Warendorf und Mettingen und war Diözesanseelsorger für das Landvolk, später Schulreferent in Münster. 1972 wurde Homeyer Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz. In dieser Eigenschaft beeinflusste er maßgeblich wichtige nationale und internationale Entwicklungen, unter anderem die Aussöhnung der polnischen mit der deutschen katholischen Kirche. Am 13. November 1983 weihte ihn der damalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz und Erzbischof von Köln, Joseph Kardinal Höffner, im Hildesheimer Dom zum Bischof von Hildesheim. Mitkonsekratoren waren der Metropolit der Kirchenprovinz Paderborn – wozu das Bistum Hildesheim damals gehörte – Erzbischof Johannes Joachim Degenhardt und Homeyers Amtsvorgänger Heinrich Maria Janssen. An den Feierlichkeiten nahmen 33 katholische Bischöfe aus dem In- und Ausland, orthodoxe und evangelische Bischöfe, Mitglieder der Landesregierung und zahlreiche weitere Repräsentanten des öffentlichen Lebens teil.
Als Bischof von Hildesheim vertrat Dr. Josef Homeyer lange Zeit die Deutsche Bischofskonferenz auf Europa-Ebene und war Präsident der Kommission der Bischofskonferenzen der EU (ComECE), außerdem Mitglied der Kontaktgruppe der Polnischen und der Deutschen Bischofskonferenz. Innerhalb der DBK engagierte sich Homeyer unter anderem als Vorsitzender der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen und war in dieser Funktion treibende Kraft des gemeinsamen Sozialwortes der katholischen und evangelischen Kirche.