Ein Mann des Ausgleichs
Der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle feiert am 5. September seinen 70. Geburtstag
Hildesheim (bph) Als Bischof leitet er „das schönste deutsche Bistum“, als Migrationsexperte leidet er mit den Unerwünschten und Ausgestoßenen. Als Mensch schließlich ist er ein Mann der Mitte, ein angenehmer Gesprächspartner, der von den Gläubigen geschätzt wird. Norbert Trelle, 70. Bischof von Hildesheim, vollendet am 5. September gemeinsam mit Zwillingsschwester Gisela sein 70. Lebensjahr. Das Bistum feiert den Oberhirten am Samstag, 8. September, um 10 Uhr mit einem Festgottesdienst in der Hildesheimer Basilika St. Godehard.
In einem Alter, in dem andere einem ruhigen Lebensabend entgegen sehen, hat sich Norbert Trelle 2006 auf den Weg nach Hildesheim gemacht, um die Geschicke des Bistums in seine Hand zu nehmen. Von seinem Vorgänger Dr. Josef Homeyer übernahm er eine gut geführte Diözese, die dennoch vor großen Problemen stand. Die über Jahrzehnte angewachsenen Strukturen des drittgrößten Flächenbistums in Deutschland mussten – und müssen immer noch – der sinkenden Zahl der Gläubigen angepasst werden. Schon der Strukturplan „Eckpunkte 2020“ von 2003 hat wichtige Weichen gestellt, um die Kräfte des Bistums zu bündeln. Eine Politik, die Trelle als richtig erkannte und daher konsequent umsetzte und weiter führte. In den sechseinhalb Jahren seines Wirkens hat der 70. Bischof von Hildesheim daher nicht nur zahlreiche Pfarrgemeinden zusammen gelegt, sondern auch durch die „Einstufung der Pfarrkirchen und Filialkirchen im Bistum Hildesheim“ vom September 2009 alle Kirchen des Bistums bewerten lassen. Neben den unverzichtbaren machte er dabei auch verzichtbare aus: 33 Kirchen wurden seit Einführung des Bischofs profaniert, weitere werden folgen.
Doch mit Trelles Namen verbinden sich auch bemerkenswerte Aufbrüche: In einem Prozess der „Lokalen Kirchenentwicklung“ will der Bischof die Pfarrgemeinden im Bistum stärker profilieren und damit einer gewissen Mutlosigkeit angesichts sinkender Gläubigenzahlen entgegenwirken. Versuche, im städtischen Milieu Hannovers Kirche für suchende Menschen wieder attraktiv zu machen, zeigen ermutigende Ergebnisse und auch dort, wo Pfarrgemeinden zusammen gelegt wurden, sind mitunter überraschende Aufbrüche zu sehen. Gemeinsam mit seinem Domkapitel hat Trelle zudem tatkräftig die umfangreiche Sanierung des Doms und den Neubau des Dom-Museums angestoßen. Sollte der Bischof gesund bleiben, dürften die Wiedereinweihung des Doms am 15. August 2014 und das folgende 1.200-jährige Bistumsjubiläum einmal zu den großen äußeren Ereignissen seines Episkopats zählen.
Deutschlandweit hat sich Norbert Trelle einen Namen als „Migrationsbischof“ gemacht. In seiner Eigenschaft als Vorsitzender der „Migrationskommission“ der Deutschen Bischofskonferenz erhebt der Bischof immer wieder seine Stimme, wenn er die Rechte von Migranten, Asylanten und Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus bedroht sieht. Erst Mitte Juli forderte er in deutlichen Worten die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetztes, da es die Menschenwürde der Flüchtlinge relativiere.
Den Menschen zugewandt
In seinem Bistum gilt Trelle als Mann des Ausgleichs und als nahbarer Gesprächspartner. Nicht umsonst hatte der damalige Diözesanadministrator Hans-Georg Koitz den neu ernannten Bischof im November 2005 als „Mann ohne Berührungsängste und Mann der Mitte“ angekündigt. Ein Bischof, den Menschen zugewandt und von einer „rheinländischen Fröhlichkeit“. Tatsächlich ist Trelle am liebsten in seinen Pfarrgemeinden unterwegs. „Dieses Unmittelbare, dieses Moment der Begegnung mit den Menschen, das sind für mich Momente der Erfahrung von Glück, Zufriedenheit und Freude am Dienst“, sagt Trelle lächelnd. Bei allem Entgegenkommen kann der Bischof aber auch hart bleiben in der Sache. Hat er einen Standpunkt als richtig erkannt, dann bleibt er auch dabei.
Tatsächlich kennt der Oberhirte auch die andere Seite des Führens: Dass finanzielle und personelle Kräfte zusammen geführt werden müssen, sehe jeder ein. „Doch wenn es dann auf konkrete Entscheidungen zusteuert, dann erfährt man doch bisweilen harten, fast gehässigen Widerstand.“ Freimütig gibt der bald 70-Jährige zu, dass manche Angriffe auch eine gewisse „Tiefenwirkung“ haben und nicht einfach an ihm abprallen. Seinen Ärger nimmt der Bischof dann mit ins Gebet oder auch in seinen gut gepflegten Bischofsgarten, wo er nicht selten den Rasen mäht oder zum Spaten greift. „Nach zwei Stunden ist das meiste wieder verraucht“, verrät der Oberhirte und bekennt mit feinem Lächeln, Ärger auch gut vergessen zu können. Schließlich helfen auch Spaziergänge mit seiner Zwillingsschwester Gisela – die mit im Bischofshaus wohnt – Abstand vom aufreibenden Dienst zu gewinnen.
Also: Leben und leben lassen? In seinem ersten Interview nach der Bischofsernennung im November 2005 hatte Trelle dies als sein Lebensmotto genannt. Auch nach sechseinhalb Jahren in der Nachfolge der Hildesheimer Bischöfe steht er noch dazu, will diese Überzeugung aber nicht als gleichgültiges laissez-faire missverstanden wissen. Für ihn zeigt sich in diesem Motto vielmehr die Überzeugung, „dass man nur gut miteinander lebt, wenn man das Leben mit Respekt voreinander gestaltet, wenn man miteinander dem Leben Möglichkeiten öffnet und dem anderen seine Möglichkeiten lässt.“
Ein Leben für die Kirche
Norbert und Gisela Trelle wurden am 5. September 1942 als Jüngste von vier Kindern in Kassel geboren, wo sie als Katholiken unter Protestanten deutlich in der Minderheit waren. 1958 wechselte die Familie aus beruflichen Gründen, der Vater war Architekt, von Kassel nach Bonn. Dort machte Norbert Trelle 1962 sein Abitur und studierte in Bonn und Innsbruck Theologie. Am 2. Februar 1968 weihte ihn Josef Kardinal Frings in Köln zum Priester. Er wirkte danach als Kaplan in Heiligenhaus und Ratingen, zuletzt als Stadtdechant in Wuppertal. Am 1. Mai 1992 wurde Trelle in Köln zum Weihbischof geweiht und mit dem Pastoralbezirk Süd des Erzbistums beauftragt. Am 29. November 2005 ernannte ihn Papst Benedikt XVI. zum 70. Bischof von Hildesheim, eingeführt wurde Trelle am 11. Februar 2006.
Norbert Trelle ist Mitglied der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen und Vorsitzender der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz. Am 5. Oktober 2011 wählten ihn die deutschen Bischöfe zum Stellvertretenden Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz.
Geburtstagsgottesdienst und Videoclip
Der Geburtstag von Bischof Norbert Trelle wird am Samstag, 8. September, mit einem Festgottesdienst um 10 Uhr in St. Godehard gefeiert. Die Predigt hält Erzbischof Dr. Werner Thissen aus Hamburg. Der Bischof bittet, auf Geschenke zu verzichten und wünscht sich stattdessen einen Beitrag zur Sanierung des Hildesheimer Doms. Spendenkonto: Bistum Hildesheim, Bank für Sozialwirtschaft, Konto-Nr. 1404200, (BLZ 25120510), Verwendungszweck: Sanierung Mariendom.
Zu Trelles Geburtstag hat das Bistum einen Videoclip erstellt, der auf der Homepage zu sehen ist. Er zeigt neben Ausschnitten aus einem Gespräch mit dem Bischof auch zahlreiche Fotos aus Kindheit, Jugend, Studium und Bischofszeit des Jubilars. Wer dem Bischof gratulieren möchte, findet ebenfalls auf der Internetseite die Gelegenheit dazu.