Ein Mann des Aufbaus – und des Abbruchs
Bischof Heinrich Maria Janssen taktierte auf politisch schwierigem Gebiet
Hildesheim (bph) Er war ein guter Seelsorger aber politisch eher „unmusikalisch“ – Heinrich Maria Janssen, Hildesheimer Bischof von 1957 bis 1982. Ein Mann zwischen vielen Stühlen, die er nicht immer geschickt zu rücken wusste. Zu diesem Urteil kam Dr. Karl-Joseph Hummel von der Kommission für Zeitgeschichte Bonn bei seinem Festvortrag aus Anlass des 100. Geburtstags des ehemaligen Hildesheimer Oberhirten am Dienstagabend im Bischöflichen Generalvikariat.
Jeder Bischof, so scheint es, steht unter einem bestimmten Hauptthema. Beim 68. Hildesheimer Bischof Heinrich Maria Janssen war es die Vertriebenenpolitik. Während er sich einerseits erfolgreich darum bemühte, den Hunderttausenden von vertriebenen Katholiken seines Bistums neue Pfarrgemeinden und neue Gotteshäuser zu geben, so musste er auf politischem Gebiet doch manche Niederlage einstecken. Wie hätte es auch anders sein können. Von der Deutschen Bischofskonferenz war er zum offiziellen Vertriebenenseelsorger ernannt worden – und somit auf einem „Abbruch-Offizium“ wie Janssen selbst sagte, einem Abbruch-Unternehmen also. Je länger der Zweite Weltkrieg zurück lag, desto unwichtiger wurde in den Augen vieler die Vertriebenenfrage. Auch in den Augen des Vatikans?
Für Janssen konnte es manchmal den Anschein haben, als würden ihm der Papst und mitunter auch seine eigenen Bischofskollegen in den Rücken fallen, deutete Hummel in seinem sehr dichten und faktenreichen Vortrag an: Stück für Stück ordnete der Vatikan die Bistümer in Polen und der DDR neu, was man als Anerkennung der deutschen Gebietsverluste hätte interpretieren können. Zugleich bahnten sich zwischen den deutschen und polnischen Bischöfen Gespräche an, über die Janssen nicht immer unterrichtet wurde. Während Heinrich Maria Janssen also einerseits unter äußeren Zwängen stand, wusste er doch andererseits nicht immer mit seinem engen Spielraum konstruktiv umzugehen und ließ manche Chance zur politischen Gestaltung aus. Während Hummel dem verstorbenen Bischof zwar ein „waches politisches Urteil“ bescheinigte, so beschrieb er doch andererseits dessen politisches Wirken als defensiv und eher reaktiv. „Janssen war ein Seelsorger der Herzen“, so Hummel abschließend, „aber politisch eher unmusikalisch“.
Hummel sprach beim Kolloquium „Bischof Heinrich Maria Janssen und das Bistum Hildesheim“, das vom 29. bis 31. Oktober im Bischöflichen Generalvikariat Hildesheim veranstaltet wurde. Bistumsarchivar Dr. Thomas Scharf-Wrede hatte dieses Kolloquium aus Anlass des 100. Geburtstags des Bischofs organisiert, der 1988 verstarb.