Ein heiliger Ort
Bischof Trelle feiert mit irischem Kardinal Brady die Oliver-Prozession in Lamspringe
Einmal im Jahr spielt sich in und um die Klosterkirche St. Hadrian und Dionysius in Lamspringe ein beeindruckendes Schauspiel ab: Einige hundert Gläubige aus dem ganzen Bistum Hildesheim gedachten am Samstag in einer großen Prozession des irischen Heiligen Oliver Plunkett, dessen Gebeine 200 Jahre in der Krypta der Kirche ruhten. In diesem Jahr waren der irische Kardinal Seán Brady und Bischof Norbert Trelle mit dabei.
Plunkett wurde 1625 im irischen Loughcrew geboren. Die Katholiken standen in seinem Heimatland nach der Abspaltung der englischen Kirche unter schwerer Verfolgung. In jungen Jahren reiste er für Studienzwecke nach Rom. Oliver durfte nach seiner Priesterweihe 1654 in Rom wegen der unsicheren Verhältnisse zunächst nicht in seine Heimat zurückkehren. Dies geschah erst, als ihn Papst Clemens IX. 1669 zum Erzbischof von Armagh und Primas von Irland ernannte.
Bis zu seiner Verhaftung im Jahr 1679 baute er unter großen Mühen und Entbehrungen die Seelsorge in Irland wieder auf. Er wurde unter dem Vorwand einer Jesuitenverschwörung des Hochverrats angeklagt, zum Tode verurteilt und starb 1681 am Galgen den Märtyrertod. 1683 kam durch seinen Freund und Mitgefangenen, den späteren Abt Corker, der Leichnam nach Lamspringe. Dorthin waren schon 40 Jahre vorher englische Benediktiner geflüchtet und hatten in der Abtei eine neue Heimstatt gefunden.
„Wir brauchen heilige Orte und heilige Zeichen, so wie hier in Lamspringe“, sagte Pfarrer Konrad Sindermann im Festgottesdienst. In diesem Jahr waren der Kardinal und Primas der irischen Kirche, Seán Brady, und Bischof Norbert Trelle zugegen. Brady hat vielfältige Bezüge zu Oliver Plunkett: Er war 1975 in den Prozess der Heiligsprechung im gleichen Jahr involviert, er leitet heute die gleiche Diözese wie damals Plunkett und der Märtyrer kam nur 30 Kilometer vom Heimatort des Kardinals zur Welt.
„Oliver Plunkett ist vor den Herausforderungen nicht davon gelaufen“, betonte der irische Geistliche in seiner Predigt. Nach seiner langen Zeit in Rom hätte er sicherlich Gründe für einen Verbleib in der ewigen Stadt finden können. Um seiner verfolgten Glaubensbrüder willen ging er zurück nach Irland. „Er ist einer der glaubwürdigen Zeugen für das Evangelium in dieser Welt, die besonders die jungen Leute so sehr ersehnen.“ Brady erinnerte in diesem Zusammenhang an die verfolgten Christen unserer Tage in Syrien und anderen arabischen Ländern.
1883 wurde ein Großteil der Gebeine des Heiligen aus dem Grab genommen und nach Irland und England überführt. Einige Reliquien blieben jedoch in Lamspringe und haben in einem Schrein unter dem Altar eine Ruhestätte gefunden. Bei der jährlichen Prozession am letzten Samstag im August wird der Schrein durch die Straßen von Lamspringe getragen. Neben den zahlreichen Gläubigen gehen auch Mitglieder des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem aus der Komturei St. Oliver Hildesheim mit. Auch Vertreter des Malteserordens nehmen teil.
Einige der Pilger nehmen das Wort Wallfahrt sehr ernst und scheuen keine Mühen. 33 Gläubige der Gemeinde St. Oliver in Laatzen bei Hannover hatten sich in der Nacht gegen zwei Uhr zu Fuß auf den Weg gemacht und Lamspringe am Nachmittag erreicht. „Wir haben unterwegs für Menschen in Notsituationen gebetet, sowohl in unserer eigenen Gemeinde, als auch in Krisengebieten wie Syrien“, sagte Thomas Buschmann, einer der Wallfahrer. Die Frauen und Männer zwischen 18 und 71 Jahren wollten bewusst erfahren, was es heißt, gemeinsam auf dem Glaubensweg zu sein. Seit über 20 Jahren schon pilgert eine Gruppe der Gemeinde zu dem Wallfahrtsort. Von abnehmendem Interesse keine Spur, im Gegenteil: „Die Tendenz der letzten Jahre ist klar steigend, besonders bei den jungen Leuten“, freute sich Buschmann.