„Die Angst geht mit“
Auftakt des Kreuzweges zur Schöpfung mit Ansprache von Bundestagspräsident Norbert Lammert
Hannover (kiz/bph). „Die Angst geht mit“. Propst Martin Tenge spricht zum Beginn des ökumenischen Kreuzweges vor dem Neuen Rathaus in Hannover das aus, was die Teilnehmer bewegt: „Was passiert da in Japan, was tun wir der Schöpfung an?“
Die Nachrichtenlage zur Katastrophe des Atomkraftwerkes Fuku-shima ist am vergangenen Sonntag noch widersprüchlich. Droht eine Kernschmelze, wird Radioaktivität entweichen? Oder gelingen die Rettungsmaßnahmen? Mittlerweile sind drei Reaktoren des Atomkraftwerks Fukushima explodiert. Dabei entstanden Schäden am den Reaktorbehältern. Die Strahlung in der Umgebung steigt dramatisch. Auch die AKW-Betreibergesellschaft Tepco spricht von einer „sehr schlimmen“ Lage.
Doch der Blick geht nicht nur nach Japan: Die Leiterin der Diözesanstelle Weltkirche im Generalvikariat, Dr. Katharina Bosl von Papp, erinnert an die Klimakatastrophen, unter denen Bolivien leidet. Erst im März haben Erdrutsche im Partnerland der Diözese Hildesheim 5000 Menschen heimatlos gemacht. In anderen Landstrichen droht durch anhaltende Dürre Hunger, weil eine Aussaat unmöglich ist. „Das ist eine Folge des Klimawandels, für den unser westlicher Lebensstil verantwortlich ist“, betont Katharina Bosl von Papp.
110 Teilnehmer gehen mit dem Kreuz durch die Landeshauptstadt – vom Rathaus über das Umweltministerium bis zur Propsteikirche St. Clemens. Immer wieder kommt beim Weg durch die Stadt das Gespräch auf Fuku-shima – verbunden mit der Forderung, dass die Atomkraft auch in Deutschland ein Ende haben müsse.
Die drohende Katastrophe in Japan greift auch Bundestagspräsident Norbert Lammert in seiner Ansprache vor nun 150 Zuhörern auf: „Das Wort der Schrift ‚Macht euch die Erde untertan’ ist die Entlassung in die Freiheit und die Verpflichtung der Verantwortung“, betont der Christdemokrat. Und weiter: „Nach den Bildern und Nachrichten aus Japan wird deutlich, dass wir dieser doppelten Herausforderung nicht wirklich gerecht werden können.“ Die Menschen können die Natur und ihre Gewalt nicht beherrschen. „Seit dem Turmbau zu Babel haben wir uns mehr zugetraut, als wir tatsächlich können.“
Im Gespräch mit Journalisten im Nachgang des Gottesdienstes appelliert Lammert: „Wir können nicht so tun, als ginge uns das, was in Japan passiert, nichts an und erklären, hier ändert sich dadurch nichts.“ Der Christdemokrat gehörte schon im Herbst letzten Jahres zu den Kritikern der Verlängerung der Laufzeiten deutscher Kernkraftwerke.
Den Weg mit dem Kreuz ist auch Stefan Schostock, der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag, gegangen: „Vor dem Hintergrund der schrecklichen und erschreckenden Ereignisse in Japan bot der ökumenische Kreuzweg die wichtige Möglichkeit zur Besinnung.“ Vor allem, „um sich der eigenen Emotionen bewusst zu werden und zu reflektieren, was das Richtige ist, was nun angepackt werden muss – mit viel Ruhe aber auch großer Zielstrebigkeit“, betont der evangelische Christ.