Der Heilige Martin – ein Europäer
Bischof Norbert Trelle sprach beim St. Martins-Empfang in Germershausen über die christlichen Wurzeln Europas
Germershausen (bph) Der Heilige Martin war einer der ersten großen, grenzüberschreitenden Europäer. Dies zeige, wie sehr Europa durch das Christentum geprägt sei, sagte der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle am Sonntagabend beim traditionellen St. Martins-Empfang der katholischen Bildungsstätte St. Martin in Germershausen. Vor mehr als 100 Gästen aus Politik, Gesellschaft und Kirchen sprach der Bischof zum Thema „Das Christentum als Fundament des gemeinsamen europäischen Hauses“.
Der Heilige Martin wurde im 4. Jahrhundert im heutigen Ungarn geboren. Er wuchs in Oberitalien auf und wurde später Bischof von Tours. Er sei ein „Mann mit integrierender Kraft“ gewesen, sagte Bischof Trelle in Germershausen und stellte den Heiligen damit in eine Reihe mit Martin Luther, der „eine Rückbesinnung auf christliche Werte“ gebracht habe und den verstorbenen Papst Johannes Paul II mit seinem Engagement für die Einigung Europas.
Europa hat jüdisch-christliche Wurzeln, betonte Trelle in seiner Rede. Das Christentum als Herz der europäischen Geschichte habe auch die wesentlichen moralischen Grundlagen dieses Kontinents zumindest mitgeprägt: Freiheit, Toleranz, Solidarität, Menschenwürde. Selbst da, wo es durch Aufklärung und Säkularisierung Gegenbewegungen gegeben habe, hätten sie sich doch an den Werten des Christentums gemessen.
Den Wert des Christentums für die Entwicklung Europas haben nach Trelles Einschätzung auch die Väter der europäischen Einigung verstanden. Die Gestalter der römischen Verträge, die vor 50 Jahren die europäische Einigung voranbrachten, bezogen sich bewusst auf christliche Traditionen. Manchmal auch eher versteckt, so Trelle. Die europäische Flagge mit dem Sternenkranz auf blauem Grund ist nach Trelles Aussage eine Anspielung auf den Sternenkranz Mariens. Zudem ist Blau in christlicher Tradition die Farbe der Gottesmutter.
Ausführlich würdigte der Hildesheimer Bischof die Unterzeichnung der römischen Verträge 1957. Es sei geradezu „unvorstellbar“, wie sich der Wille zur Versöhnung einige Jahre nach einem vernichtenden Weltkrieg breit gemacht habe. Darum ist die Geschichte Europas der vergangenen Jahrzehnte in den Augen Trelles eine klare Erfolgsgeschichte mit deutlich christlichen Bezügen.
Vor diesem Hintergrund bedauerte der Bischof in Hildesheim einen „Selbsthass“ der Europäer, die zwar offen und tolerant für Religionen und Weltanschauungen seien, aber oft genug ihre eigenen, christlichen Wurzeln vergäßen. Die Achtung vor Glaubensüberzeugungen müsse auch für das Christentum gelten. „Lassen Sie uns gute Baumeister sein für ein ‚gemeinsames Haus Europa’, das einladend und wohnlich ist“, forderte er seine Zuhörer auf.
Zum traditionellen St. Martins-Empfang ihrer katholischen Bildungsstätte St. Martin hatten die Augustiner unter der Führung von Direktor Pater Lukas Schmidkunz OSA gemeinsam mit den bischöflichen Kommissaren des Unter- und Obereichfelds, Propst Wolfgang Damm und Propst Heinz Josef Durstewitz, nach Germershausen eingeladen. Der St. Martins-Empfang erinnert an den Heiligen Martin, den Schutzheiligen des Eichsfelds.