Den eigenen Weg zum Herrn finden
Der Exil-Iraner SAID las beim Aschermittwoch der Künstler aus seinen „Psalmen“
Hildesheim (bph) Gott, der Herr selbst, ist sein Adressat. Mal trotzig und klagend, dann wieder kindlich und vertrauensvoll ruft der Schreiber ihn an – mit seinen „Psalmen“ beeindruckte der Exil-Iraner SAID am Mittwochabend bei der Lesung zum Aschermittwoch der Künstler in der Hildesheimer Dombibliothek nicht nur Bischof Norbert Trelle, sondern auch eine große Zahl von Gästen.
Es sind kleine, feine Sprachbilder, mit denen SAID den Zuhörer in den Bann schlägt, ganz im Sprachduktus des alttestamentlichen Beters: „Herr, lass mich eine Wasserlache sein, die Deinen Himmel spiegelt und Dein Wort wispert“ oder an anderer Stelle: „Hilf mir, aus meiner Klage ein Lied zu machen, an dem sich Fremde erwärmen können.“ Das Buch „Psalmen“ des Exil-Iraners spiegel etwas von der Verzweiflung eines Heimatlosen wider, der schwankt zwischen der Auflehnung gegen sein Schicksal und dem resignativen Sich-Fügen. Welchen Herrn er denn meine, in welcher Religion er denn zuhause sei, wurde der Schriftsteller in der munteren Diskussion nach der Lesung gefragt. Er sei zwar Moslem, suche aber immer wieder Kirchen auf, bekannte der Schriftsteller. Und überhaupt: Institutionen seien ihm eher suspekt. „Jeder muss seinen eigenen Weg zum Herrn finden“, glaubt der Künstler.
Bischof Norbert Trelle wies in seinem Grußwort darauf hin, dass der Psalmenschreiber der Bibel und der Psalmendichter SAID ihre Werke in einer ähnlichen Situation schrieben: „Sie atmen das Exil“, so Trelle. Für den Exil-Iraner, der gleichermaßen vor der Macht des Schahs und der islamischen Revolution nach Deutschland flüchtete, ist es ein geographisches und politisches, zugleich aber auch ein sprachliches Exil. Seine Bücher schreibt der Schriftsteller jedenfalls in Deutsch. Nur wenn er erschreckt werde, reagiere er noch auf Persisch, meinte SAID dazu lächelnd: „Meine Heimat ist der Iran, aber Deutschland mein Zuhause.“
SAID wurde 1947 in Teheran geboren und kam 1965 als Student nach München. Hier verbanden sich seine literarischen Interessen mit einem politisch-demokratischen Engagement. Damit war seine Rückkehr in den Iran ausgeschlossen. Heute lebt er im deutschen Exil. SAID schreibt und veröffentlicht in deutscher Sprache Romane, Erzählungen, Hörspiele, Gedichte. Sie wurden in viele europäische und auch asiatische Sprachen übersetzt. Sein politisches Engagement für verfolgte Schriftsteller wurde vielfach ausgezeichnet, ebenso sein literarisches Werk, zuletzt 2006 mit der Goethe-Medaille. 2000 bis 2002 war SAID Präsident des westdeutschen P.E.N.-Zentrums. Bereits 1981 erschien sein erster Band mit Liebesgedichten, in jüngster Zeit sind es seine Psalmen (2007), die Erzählungen Der Engel und die Tauben (2008) und 2009 das iranisch-israelische Poetengespräch mit Asher Reich.
Kuratoren des Aschermittwoch der Künstler sind Prof. Dr. Michael Brandt, Direktor des Dom-Museums und der Künstler Prof. Gerd Winner von der Akademie der Künste in München.