Bloß keine mitleidigen Floskeln!
Diskussionsforum behandelte den Umgang von Gesunden und Kranken
Hildesheim/Hannover (bph) Krankheit und Behinderung können ein Leben in ganz unterschiedlicher Weise berühren. Drei Betroffene sprachen am Montagabend auf Einladung des Bistums Hildesheim im St. Clemens-Haus Hannover im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung zur „Woche für das Leben“ über „(Selbst-)Achtung in der Begegnung von Gesunden und Kranken.“
Antje Frey muss sich als Mutter mit dem Thema Behinderung auseinander setzen. Ihr Sohn Finn leidet am Down-Syndrom – oder leidet eben nicht. „Finn ist nicht krank, sondern behindert“, stellte die junge Frau ganz zu Beginn klar. Nach ihren Schilderungen spürt ihr Kind zwar, dass es anders ist und manches länger dauert als bei Gleichaltrigen. Allerdings sei er im Kindergarten gut in die Gruppe gesunder Kinder integriert und gehe sehr auf andere Menschen zu. „Solche Kinder sind sicher eine Bereicherung für die Gesellschaft“ glaubt Antje Frey, die schon vor der Geburt von der Behinderung ihres Kindes erfuhr.
Selbst betroffen von einer schweren Erkrankung ist Monika Jensen. Im Jahre 2003 trat bei ihr ein beidseitiger Brustkrebs auf, später kam noch eine Muskelerkrankung hinzu. Beeindruckend schilderte Jensen, welche seelischen Folgen der Krebs für sie hatte und welche Lehren sie daraus zog: „Ich habe dadurch gelernt, selbstbestimmt zu entscheiden und auf mein Inneres zu hören.“ Ihre Bitte an gesunde Mitmenschen: „Hören Sie kranken Menschen einfach zu. Manchmal ist das Nichtssagen besser, als nur Floskeln zu reden.“
Prof. Dr. Gerhard Kruip, Direktor des Forschungsinstitut für Philosophie Hannover (FIPH) hat einen jüngeren Bruder, der an Mukoviszidose erkrankt ist. Kruip lenkte den Blick auf die gesunden Geschwister kranker Kinder. Früh habe er gelernt, die verschleimten Lungen seines Bruders abzuklopfen und Rücksicht auf dessen Erkrankung zu nehmen. Da sich vieles um den kranken Bruder drehte, musste Kruip nach eigenen Worten „schnell erwachsen werden“. Das birgt nach seiner Erfahrung natürlich die Gefahr, dass gesunde Geschwister kranker Kinder manchmal zu kurz kommen.
Abgerundet wurde der Diskussionsabend durch zwei Impulsbeiträge von Gerhard Kruip und Domkapitular Adolf Pohner, Leiter der Hauptabteilung Personal/Seelsorge im Bischöflichen Generalvikariat Hildesheim. Während Kruip die Frage persönlicher Beziehungen unter ethischen Gesichtspunkten beleuchtete, beschrieb Pohner die „Herausforderungen kirchlichen Handelns“ zum Thema Krankheit und Behinderung. Dabei stellte er klar, dass die Kirchen sich an die Spitze einer Bewegung zugunsten kranker und bedürftiger Menschen stellen müssen. Aber schon jetzt geschehe in den Familien und Pfarrgemeinden viel Gutes, das nur selten öffentlich bekannt werde.
Die Diskussionsveranstaltung unter dem Titel „Wie behandelst Du mich?“ war ein Beitrag des Bistums zur diesjährigen „Woche für das Leben“, die am vergangenen Samstag gemeinsam von Bischof Norber Trelle und dem Ratsvorsitzenden der EKD, Bischof Dr. Wolfgang Huber, in Lüneburg eröffnet wurde. Diese Aktion wird gemeinsam getragen von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland. Die erste „Woche für das Leben“ fand im Juni 1991 statt und widmete sich dem „Schutz des ungeborenen Lebens“. Im vergangenen Jahr haben die Veranstalter einen Dreijahreszyklus zum Thema Gesundheit gestartet, der unter dem Hauptmotto steht: „Gesund oder krank – von Gott geliebt“. Während sich Katholiken und Protestanten im vergangenen Jahr die Frage stellten: „Gesundheit – höchstes Gut?“ steht die diesjährige Woche unter dem Motto: „Gemeinsam mit Grenzen leben“. Sie findet statt vom 25. April bis 2. Mai.
Die „Woche für das Leben“ im Internet