Bischöfe diskutieren in Hildesheimer Cafés

Im Vorfeld der Frühjahrsvollversammlung der Bischofskonferenz standen sechs Bischöfe den Bürgerinnen und Bürgern Rede und Antwort

Das gab es zum ersten Mal in der Geschichte der Bischofsvollversammlungen: Sechs Bischöfe konnten am Sonntagabend an sechs Standorten in Hildesheim zu ihren jeweiligen Schwerpunktthemen befragt werden. Die Resonanz war groß und heiße Themen wurden bei den Gesprächen nicht ausgelassen.

Fragen von Frieden und Gerechtigkeit standen im Mittelpunkt des Theologischen Cafés im Michaelis Welt-Café mit dem Trierer Bischof Dr. Stephan Ackermann – vor allem, da Papst Franziskus wie kein anderer die Auswirkungen des ungebremsten Kapitalismus geißelt. Auch Ackermann bekannte sich dazu, dass „wir den Turbokapitalismus bremsen müssen“. Gerade die deutsche Kirche habe eine besondere Verantwortung für die Welt: „Unsere Gemeindemitglieder, unsere Hilfswerke finanzieren zahlreiche Programme, die Menschen in Entwicklungsländern Hoffnung geben.“ Vor allem Investitionen in Bildung seien ein Mittel, um den Teufelskreis von Armut zu durchbrechen und zumindest den Grundstein für Frieden zu legen.

Dr. Franz-Josef Bode, Bischof von Osnabrück und Vorsitzender der Seelsorgekommission der Deutschen Bischofskonferenz, sprach im Caffé Leidenschaft über „Abbrüche des Glaubens“ und daraus erwachsenden Chancen für die Glaubensweitergabe. „Die Zahlen sind traurig und schrecklich“, sagte Bode. Der Glaube verdunste gewissermaßen, „liegt aber damit weiter in der Luft“. „Er ist stark geschwunden, es herrscht eher eine diffuse Religiosität vor“, analysierte Bode die Lage. Man müsse neue „Kondensationspunkte“ schaffen, blieb der Bischof im Bild, und warb dafür, Kirche weiter zu denken als bisher. Glaube werde nicht nur im Kirchenraum lebendig, sondern auch an vielen anderen Orten und mit vielen unterschiedlichen Gesichtern. Bode, der auch Vorsitzender der Unterkommission „Frauen in Kirche und Gesellschaft“ ist, forderte eine stärkere Mitwirkung von Frauen in verantwortlichen Positionen in der Kirche. „In Osnabrück hatten wir vor ein paar Jahren die erste Frau als Leiterin des Seelsorgeamtes, heute gibt es in Deutschland sechs.“ Für die Zukunft müsse man auch ernsthaft prüfen, ob eine Sekretärin der Deutschen Bischofskonferenz denkbar sei.

Der Bischof von Würzburg, Dr. Friedhelm, Hofmann äußerte sich im Restaurant Nil zum Thema „Kunst und Religion“. Zur Frage, ob alles erlaubt sei, sagte er in Anspielung auf die Darstellungen in der französischen Satire-Zeitschrift "Charlie Hebdo": "Ich plädiere für die Freiheit der Kunst, solange sie nicht das in den Schmutz zieht, was anderen heilig ist." Die Diskussion rankte sich auch um die Verortung von moderner Kunst in unserer Gesellschaft.

Das Thema Ehe und Familie lockte zahlreiche Interessierte in die kreuz.bar. Der Bischof von Dresden- Meißen und Vorsitzender der Kommission für Ehe und Familie, Dr. Heiner Koch, stellte sich in einer zum Teil sehr emotionalen und hitzigen Diskussion den Fragen von mehr als 60 Besuchern. Ein Schwerpunkt des Gesprächs war die Frage nach der Rolle von Geschiedenen und Wiederverheirateten in der Katholischen Kirche. Bischof Koch forderte, von Seiten der Kirche eine pragmatische Vor-Ort- Lösung einzuführen: „Wir sollten da nach dem Subsidiaritätsprinzip verfahren. Damit meine ich nicht einen unterschiedlichen Umgang mit dem Sakrament der Ehe vor Ort, sondern wie wir mit den Menschen umgehen, die als Geschiedene oder Wiederverheiratete leiden." In diesem Bereich neue kirchliche Verordnungen zu erlassen, übersteige aber die Möglichkeiten der Gesetze. „Das Leben ist da bunter, als es das Gesetz je sein kann“, sagte Bischof Koch. Ebenfalls kritisch äußerte er sich über eine von ihm festgestellte „Ökonomisierung“ der Familie. „Eine wirkliche Wahlmöglichkeit, ob Mann oder Frau mit Kindern eine Zeit lang zu Hause bleiben, haben nur noch Familien der gehobenen Mittelschicht." Die Paragraphen der Politik dienten nur dazu, Eltern schnellstmöglich wieder in den Job zu bringen.

Für eine Weiterentwicklung der Sozialen Marktwirtschaft hat sich der Essener Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck im Noah ausgesprochen. Die Marktwirtschaft dürfe nicht dem freien Spiel der Kräfte überlassen werden, sondern müsse „ordnungs- und sozialpolitisch eingebettet“ werden, erklärte er. Ebenso sprach er sich gegen ein völlig anderes Wirtschaftssystem aus. Dirigistische Wirtschaftsformen hätten nicht nur im Ostblock, sondern auch in anderen Teilen der Welt ins „Desaster“ geführt, sagte er. Der Bischof rief dazu auf, Produkte, die in Entwicklungsländern unter unmenschlichen Bedingungen produziert werden, zu boykottieren. „Wenn wir das nicht machen, haben wir das Recht verloren, uns über diese Zustände zu beklagen“, erklärte er. Overbeck ist in der Deutschen Bischofskonferenz Vorsitzender der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen.

Großer Medienandrang herrschte im HOBO der Kulturfabrik Löseke. Bischof Norbert Trelle, Beauftragter der Bischofskonferenz für Fragen der Migration, war ein gefragter Gesprächspartner. Mit deutlichen Worten verurteilte er das Schlepperwesen besonders aus Afrika über das Mittelmeer. "Von den Schlepperbanden wird der Tod von zigtausenden Menschen in Kauf genommen", so Trelle. Italien habe sehr viel getan, um Flüchtlinge zu retten, sei aber vom Rest Europas ziemlich im Stich gelassen worden. "Europa hat hier geschlafen", sagte der Bischof. Zur aktuellen Diskussion um das Kirchenasyl wies Trelle darauf hin, dass es sich dabei immer um eine individuelle Entscheidung der jeweiligen Kirchengemeinde handele, es aber bei weitem nicht so viele Fälle gebe, wie jüngste Aussagen des Bundesinnenministers vermuten ließen.

Die Veranstaltung im HOBO bezeichnete Trelle als gelungen. „Es war interessant mit den Menschen am Vorabend der Bischofsvollversammlung mal an einem ganz ungewohnten Ort zusammenzutreffen, ihnen in aller Ruhe zuhören zu können und mit ihnen über die Dinge zu diskutieren, die ihnen wichtig sind“, lautete das Fazit des Bischofs. Alle beteiligten Bischöfe zogen im Anschluss an die Aktion ein positives Resümee und schlossen eine Fortführung bei späteren Vollversammlungen nicht aus.

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