Bete und arbeite – und lies!
Jerusalemer Benediktiner stellten in Hildesheim Geburtstagsfestschrift vor
Hildesheim (bph) Ohne den Kaiser keine Abtei – so lässt sich der Einsatz von Kaiser Wilhelm II. für das Jerusalemer Benediktinerkloster Hagia Maria Sion umschreiben. Das Engagement des Herrschers war Ausdruck seiner bodenständiger Frömmigkeit, sagte Prof. Dr. Christoph Markschies, Präsident der Humboldt-Universität Berlin, am Sonntagnachmittag bei der Vorstellung der Festschrift „Laetare Jerusalem“ in der Hildesheimer Kirche St. Godehard.
Sehr anschaulich beschrieb der Berliner Kirchenhistoriker den evangelischen „Laientheologen“ Wilhelm II., der bei besonderen Gelegenheiten auch selbst predigte. Einerseits seien Wilhelms Gedanken sehr bodenständig und theologisch nicht verbildet gewesen, so der Forscher, andererseits habe der deutsche Kaiser die Bibel hemmungslos politisiert. Als Beispiel nannte Markschies die wenigen überlieferten Texte des Berliners Kaisers, in denen viel von selbstloser Nächstenliebe und Dienst am Volk die Rede war. Allerdings verglich Wilhelm II. den Einsatz des deutschen Heeres im chinesischen Boxeraufstand mit dem Kampf der Israeliten gegen die Amalekiter.
Den großen Konfessionen gegenüber zeigte sich der Protestant Wilhelm II. immer unparteiisch. So setzte er sich persönlich dafür ein, dass in Jerusalem eine Benediktinerabtei entstehen konnte. Vor genau 100 Jahren kamen die ersten Mönche aus Beuron nach Jerusalem. Aus Anlass dieses Jubiläums haben die Jerusalemer Benediktiner die Festschrift „Laetare Jerusalem“ mit Beiträgen von 30 Wissenschaftlern herausgegeben und am Sonntag in ihrer Hildesheimer Niederlassung bei St. Godehard vorgestellt. Dieses Buch entspreche der benediktinischen Tradition der Gelehrsamkeit, sagte Herausgeber Bruder Nikodemus C. Schnabel OSB bei der Buchvorstellung. „Bete und arbeite – und lese“ so laute der eigentliche Auftrag an jeden Mönch.
„Die Benediktiner sind in Hildesheim angekommen und auch angenommen“ freute sich Dr. Josef Homeyer, emeritierter Bischof von Hildesheim. Angesichts der aktuellen Situation im Heiligen Land bat er das Bistum um eine Gebetsgemeinschaft für den Frieden in Jerusalem.
Die Benediktinerabtei Hagia Maria Sion wurde Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet. Kaiser Wilhelm II. hatte 1898 auf dem Jerusalemer Zionsberg ein Grundstück erwerben können und schenkte es dem Deutschen Verein vom Heiligen Land zur Nutzung „im Interesse der deutschen Katholiken“. 1906 trafen die ersten Mönche aus dem Kloster Beuron ein, 1910 wurde die Kirche geweiht. Seit 1995 führt Abt Benedikt Lindemann die Gemeinschaft. Im Jahre 2003 konnten die Benediktiner auf Vermittlung des damaligen Bischofs Dr. Josef Homeyer eine deutsche Niederlassung bei St. Godehard in Hildesheim eröffnen.
Information zur Festschrift „Laetare Jerusalem“
Jerusalemer Theologisches Forum, Band 10; ISBN 3-402-07509-1; 29,80 Euro