Arroganz und Ansehen
Historikerin Gabriele Vogt beschrieb das Leben von Bischof Dr. Joseph Godehard Machens
Hildesheim (bph) Er war ein strenger Vorgesetzter, unbeliebt und arrogant. Aber als er starb, kondolierte Bundeskanzler Konrad Adenauer und der Bundestag legte eine Schweigeminute ein – Dr. Joseph Godehard Machens, Hildesheimer Bischof von 1934 bis 1956, war ein widersprüchlicher Mensch. Gabriele Vogt brachte am Dienstagabend bei einem Vortrag in der Dombibliothek die verschiedenen Facetten dieses Mannes zum Vorschein.
Überliefert ist der Ausspruch des damaligen Generalvikars, der nach dem Tode des Bischofs am 14. August 1956 aufstöhnte: „Jetzt sind wir erlöst“. Tatsächlich führte Dr. Joseph Godehard Machens ein strenges Regiment am Hildesheimer Domhof, wie die Historikerin Vogt beim „Verein für Geschichte und Kunst im Bistum Hildesheim“ an verschiedenen Anekdoten zeigte. Die umfangreiche wissenschaftliche Quellenarbeit von Gabriele Vogt lässt aber auch die anderen Seiten des Bischofs aufscheinen, die ihm den Respekt der Nachkriegspolitik eintrugen: Neben seinem Mitleid für die Armen und Flüchtlinge und seinem Eintreten für die Belange der Jugend konnte sich Bischof Machens auch sein konsequentes Auftreten gegen den Nationalsozialismus zugute halten.
Schön früh zeigte sich, dass aus dem Hildesheimer Jungen Joseph Godehard etwas Besonderes würde. Im Bischöflichen Gymnasium Josephinum war er Klassenbester – außer im Singen und Turnen. Schon damals allerdings zeigte sich neben seiner Zielstrebigkeit und seinem großen Fleiß der Widerspruchsgeist des begabten Jungen. Nach dem Theologiestudium in Innsbruck, Münster und Bonn schrieb er als Kaplan eine kirchengeschichtliche Doktorarbeit, lehrte dann als Dozent im Hildesheimer Priesterseminar und übernahm im Generalvikariat freiwillig einige Aufgaben. Dabei fiel er durch seinen Fleiß auf, machte sich aber wenig Freunde.
Dennoch wählte ihn das Hildesheimer Domkapitel 1934 zum Nachfolger von Bischof Dr. Nikolaus Bares, der auf den Berliner Bischofsstuhl berufen worden war. Warum, darüber kann Gabriele Vogt nur spekulieren. „Vielleicht wollte man angesichts des Nationalsozialismus einen unerfahrenen Bischof, der nicht auf Konfrontationskurs zum Staat geht“. In der Tat verhielt sich Machens zunächst eher staatstreu, wandte sich dann aber zunehmend gegen die Nationalsozialisten, was Quellen aus dem Bistumsarchiv beweisen. In vielen Fällen setzte er sich für Verhaftete ein und protestierte gegen die Willkür der Nazis. Die Bombardierung Hildesheims überlebte Machens im Keller des Bischofshauses und setzte sich dann bald vehement für den Wiederaufbau ein.
Standfest und hartnäckig verteidigte Machens nach dem Krieg die katholischen Konfessionsschulen gegen die damalige niedersächsische Landesregierung und erwarb sich damit den Respekt der Bundesregierung. So kam es zur absurden Situation, dass sich nach dem Tod des streitbaren Mannes zunächst kein Hildesheimer Grabredner fand. Der Kölner Kardinal Joseph Frings fand dann deutliche Worte am Grab des Verstorbenen. In den Augen der Hildesheimer Historikerin Vogt ist Bischof Machens jedenfalls eine der interessantesten Persönlichkeiten auf dem Hildesheimer Bischofsstuhl: „Er war gewiss kein Diplomat“, sagte sie am Dienstagabend, „aber er hatte das Format eines Kardinal von Galen.“