Anstoß zur Einheit?
Der Ökumenische Studientag in Hannover beleuchtete das Papstamt
Hildesheim/Hannover (bph) Was trennt Katholiken und Protestanten? Für viele ist es vor allem das Papstamt. Wäre es nicht denkbar, dass dieses Amt eines Tages alle christlichen Kirchen repräsentiert? Mit dieser interessanten Frage beschäftigte sich der 27. Ökumenische Studientag des Bistums Hildesheim am Donnerstag, 5. Juli, im Ökumenischen Kirchenzentrum Mühlenberg in Hannover. Mit der Kirchenrechtlerin Prof. Dr. Myriam Wijlens aus Erfurt und dem Bischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schaumburg-Lippe, Dr. Karl-Hinrich Manzke, hatte sich das Bistum zwei ausgewiesene Experten eingeladen. „Das Papstamt – Fels des Glaubens und Stein des Anstoßes“, lautete das Motto des Tages.
Kirchengeschichte ist nicht nur die Geschichte von Entfremdungen zwischen den Konfessionen, sondern auch eine Geschichte der Missverständnisse, wie Prof. Dr. Myriam Wijlens, Professorin für Kirchenrecht an der Universität Erfurt, in ihrem Vortrag „Gemeinschaft der Kirchen und Petrusamt“ eindrucksvoll nachwies. So gilt zum Beispiel das I. Vatikanische Konzil von 1869/70 oft als Stein des Anstoßes zwischen Katholiken und Protestanten. Es formulierte unter anderem die Unfehlbarkeit des Papstes und ein Jurisdiktionsprimat, das den Papst als Führer des gesamten Christentums beschrieb – Positionen, mit denen Protestanten naturgemäß Probleme haben.
Man muss diese Dogmen aber aus der Zeitgeschichte und ihrem eigentlichen Sinn heraus interpretieren, wie Wijlens in ihrem klar strukturierten Vortrag vor rund 400 Besuchern deutlich machte. Tatsächlich hat das bereits Papst Johannes Paul II. erkannt und 1995 in seinem Rundschreiben „Ut unum sint“ eingeladen, über die Rolle des Papstamtes nachzudenken. Eine Gruppe evangelischer und katholischer Theologen hat dies getan und in den vergangenen Jahren im italienischen Kloster Farfa Sabina ein gemeinsames Buch zu dieser Frage erarbeitet. Laut Wijlens, die selbst Mitglied dieser Studiengruppe war, gibt es durchaus Möglichkeiten, den Vorrang des Papstes als einen Dienst an der Einheit der Christen zu verstehen. Denkbar wäre also, dass der Papst irgendwann von allen Christen anerkannt werden könnte. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg, der Kompromisse von allen Seiten erfordert, machte Wijlens in Hannover unmissverständlich deutlich.
Diesen weiten Weg sieht auch Bischof Manzke. Grundsätzlich könne er sich den Papst oder eine andere Person unter bestimmten Voraussetzungen in irgendeiner Weise als obersten christlichen Repräsentanten vorstellen, ließ er in seiner engagierten Rede durchblicken – um einer „Einheit im Glauben und der Liebe“ willen, aber „ohne alle unnötigen Aufblähungen“. Er frage sich nur, ob alle Katholiken bereit seien, das Amt des Papstes in diesem Lichte zu sehen. Und: Auch die eigenen evangelischen Bischofskollegen dürften da wohl teilweise anderer Meinung sein als er.
Welche Rolle könnte der Text der Farfa-Gruppe in Zukunft spielen? Zunächst müsse er von möglichst vielen Menschen gelesen und auch bedacht werden, wünschte sich der Bischof. Das ist nicht selbstverständlich, wie auch Wijlens andeutete. Jede Generation hat ihre eigenen Prioritäten. Nach ihren Worten gilt es, das Thema des Papstamtes überhaupt wach zu halten in der Kirche und weiter zu entwickeln. Eine Frage, die Menschen nicht alleine lösen werden. „Nicht wir sind die Gestalter der Einheit, sondern der Heilige Geist“, schloss die Professorin die lebhafte Diskussion.