Anhängsel Asiens
Theologe Gerhard Kruip sprach in Hildesheim über Religion in Europa
Hildesheim (bph) Europa steht nicht im Krieg mit dem Islam. Dazu sind die europäische Geschichte und Kultur viel zu komplex sagte Prof. Dr. Gerhard Kruip, Direktor des katholischen Forschungsinstitut für Philosophie Hannover (FIPH) am Mittwochabend in Hildesheim. Kruip sprach auf Einladung von „Abrahams Runder Tisch“ in der evangelischen Lukasgemeinde über „Religion in Europa“.
Europa ist keineswegs so eindeutig westlich und christlich, wie viele Menschen glauben, machte Theologe Kruip deutlich. Schon die Grenzen dieses laut Kruip „asiatischen Subkontinent“ sind umstritten. Hinzu kommt, dass das Wort „Europa“ aus den semitischen Sprachen kommt, so viel bedeutet wie „Abend“ und folglich eine Beschreibung ist, die von außen kommt. Über viele Jahrhunderte hinweg prägte der Islam Länder wie das heutige Spanien und Portugal. Hinzu kommen die dunklen Seiten der europäischen Geschichte wie der 30jährige Krieg. Erst aus dieser Katastrophe hätten die Menschen gelernt, dass der Friede wichtiger sei als eine einheitliche Religion, „so wie erst die Katastrophe des Zweiten Weltkrieg die Einigung Europas voran gebracht hat“, wie Kruip sagte.
Im Konflikt um die Mohammed-Karikaturen verlaufen die Fronten nach Ansicht des FIPH-Direktors daher nicht zwischen einer europäischen und islamischen Kultur, sondern vielmehr zwischen jenen, die eine „Minimalmoral“ auf der Basis der Menschenrechte akzeptieren, und jenen, die das nicht tun. Freimütig bekannte Kruip, kein Patentrezept gegen den Fundamentalismus zu haben. „Eine Straftat muss als Straftat verfolgt werden“ stellte Kruip im Blick auf Morddrohungen klar. Zugleich appellierte er an die verschiedenen Religionsgemeinschaften, wechselseitig Vertrauen aufzubauen, denn „zum Dialog gibt es keine Alternative“. Christen können nach Kruips Überzeugung viel tun, um Muslime anzuerkennen und ihnen Respekt entgegen zu bringen. Zugleich müssten sich Muslime klar von Gewalt abgrenzen, was einige in der Lukasgemeinde anwesende Muslime auch demonstrativ taten.
Prof. Gerhard Kruip sprach auf Einladung von „Abrahams Runder Tisch“, einem lockeren Zusammenschluss von Juden, Christen, Muslimen und Baha’i in Hildesheim. Dieser interreligiöse Arbeitskreis wurde 1998 gegründet und dient dem gegenseitigen Kennenlernen der Religionen. Regelmäßig laden die Mitglieder zu Vorträgen ein und besuchen sich wechselseitig in ihren Gotteshäusern.