Abspeichern und Auslöschen

Hildesheimer Studenten stellen in der Dombibliothek aus

Hildesheim (bph) Eine Brücke zwischen dem greifbaren Buch und dem digitalen Cyberspace, zwischen gespeicherter Erinnerung und grenzenloser Manipulierbarkeit schlagen Studenten der Hildesheimer „Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK)“ bis zum 4. November in der Hildesheimer Dombibliothek. Ihre Ausstellung „gelöschtes gedächtnis“ wurde am Donnerstagabend eröffnet.

Schichten, Erinnerungsmuster, in den Schädel eingebrannte Erlebnisfetzen – das Leben der Katharina Kulenkampff. „Die Ich-Maschine“ hat die junge HAWK-Studentin ihren Beitrag zur Ausstellung genannt. Ein Buch aus lauter gezeichneten Seiten, die sich übereinander legen lassen. Zusammen ergeben sie ein mehrdimensionales Persönlichkeitsmuster. „Die Eindrücke, die jeder von uns im Laufe seines Lebens bekommt, formen und gestalten uns“ erklärt Katharina Kulenkampff.

So verschieden wie die Persönlichkeiten der Studierenden, so unterschiedlich auch die Auseinandersetzung mit den Themen Speichern und Löschen, Erinnern und Vergessen, Analog und Digital. Patrick Gorgas etwa hat eine „fiktive Computersoftware als aktive Erinnerungskultur“ gestaltet und Saskia Gutekunst spürte mit Bleistift und Computermaus auf eine faszinierende Weise den „Frauen der Bibel“ nach. Fast 30 Exponate von 26 ausstellenden Studenten füllen den Nebenraum der Dombibliothek und suchen im Leseraum den Dialog mit dem Besucher und nicht zuletzt auch mit den gedruckten Schätzen des Hauses. Am deutlichsten hat vielleicht Andre Spiehs das digitale Prinzip ins Bild gesetzt. Seine Installation „Bar-Codes“ besteht aus einem Buch, das nichts als Strich-Codes enthält. Führt man einen Scanner darüber, erscheinen plötzlich Wörter auf dem angeschlossenen Bildschirm. „Digital gespeicherte Informationen sind ohne Lesegeräte völlig wertlos“, sagt Spiehs. Der Segen der einfachen Speicherbarkeit kann irgendwann zum Fluch werden: Informationen sind dann zwar da, lassen sich aber nicht mehr entschlüsseln.

Die Ausstellung „gelöschtes gedächtnis“ möge denn auch ein Beitrag zur Erinnerungskultur sein, wünschte sich Jochen Bepler, Direktor der Dombibliothek, in seinen einführenden Worten. Durch die „grenzenlose Manipulierbarkeit“ der Daten, vor allem von Bildern, sei längst wieder eine Diskussion in Gang gekommen über das, was bleibt. Letztlich sind nach Beplers Meinung auch Bibliotheken ein Teil dieses kollektiven Gedächtnisses.

In der Dombibliothek ausstellen zu dürfen sei eine seltene Gelegenheit für die Studenten, freute sich Prof. Werner Sauer, Dekan der Fakultät Gestaltung an der HAWK. Diese unschätzbare Chance hätten die Studierenden denn auch gut genutzt.

Tatsächlich sind die gezeigten Werke der Studenten im zweiten Semester Entwurfslehre von einer sehr hohen Qualität. Das bestätigt auch Designerin Nicole Westphal, die dieses Projekt begleitet hat. Westphal unterrichtet bereits im achten Semester an der HAWK und ist „stolz und super zufrieden“ mit dem letzten Semester. Die meisten der gezeigten Werke entstanden nach einer intensiven theoretischen Auseinandersetzung zwischen Januar und Juni 2005.

Die Ausstellung „gelöschtes gedächtnis“ ist bis zum 4. November montags bis freitags von 9 bis 16.30 Uhr in der Dombibliothek Hildesheim zu sehen. Der Eintritt ist frei

Weitere Informationen unter:
www.dombibliothek-hildesheim.de