1200 Jahre tief
Grabung im Kreuzgang des Mariendomes eröffnet Einblicke in die Geschichte
Hildesheim (bph) Neben dem Rosenstock des Hildesheimer Domes kann man in diesen Tagen in ein großes, bis zu zwei Meter tiefes, Loch blicken. Diözesankonservator Prof. Dr.-Ing. Karl Bernhard Kruse und sein Team gehen dort in umfangreichen Grabungsarbeiten der Geschichte des Gotteshauses auf den Grund.
„Die Legende vom Rosenstock können wir nicht bestätigen“, sagte Kruse. Zahlreiche gefundene Keramikstücke weisen darauf hin, dass der Ort zur Zeit des Dombaus bereits gut erschlossenes Siedlungsgebiet war – kein unberührter Wald, wie in der Legende übermittelt. Die ältesten Fundstücke stammen aus der Eisenzeit um Christi Geburt.
Beim Bau des Domes lag der Boden um den äußeren Chor etwa 1,50 Meter tiefer als heute, was mehr als ein Dutzend in der Tiefe gefundene Grablegen bezeugen. Innerhalb des Kreuzganges werden traditionell die Mitglieder des Domkapitels beerdigt. „Wir haben uns bis auf die Mauern Ludwigs des Frommen herunter gegraben“, erläuterte Dr. Helmut Brandorff, der örtliche Grabungsleiter, die unterschiedlichen Erdschichten.
Neben diesen Spuren aus dem Jahr 815, als der Sohn und Nachfolger Karls des Großen den Dom erbaute, legte das Grabungsteam eine Umgangskrypta aus der Zeit Bischof Altfrieds frei. Ab 852 hatte dieser seinen karolingischen Dom auf die vorhandenen Mauern gesetzt und dabei eine Erweiterung der heute noch bestehenden Krypta veranlasst. Im Verlauf der weiteren Arbeiten, die noch bis Anfang Dezember fortgeführt werden, sollen Zugänge aus der Umgangskrypta in eine oder zwei Rundkapellen gesucht werden. „Das wird noch einmal sehr spannend“, freut sich Kruse auf die bevorstehenden Herausforderungen.
Über eine schon bekannte Öffnung in der Nordwand des Chores – oberhalb der Grabung – konnte im Verlauf der Arbeiten ebenfalls Klarheit gewonnen werden. Nach dem Brand von 1013 ließ Bischof Bernward an dieser Stelle ein großes rundbogiges Fenster einbrechen, das vermutlich erst in der Barockzeit wieder zugemauert wurde.
Die Grabungsarbeiten an der nördlichen Choraußenwand haben bereits im August begonnen. Vor der Schließung des Domes am 10. Januar 2010 für die bevorstehenden Sanierungsarbeiten sollen Befunde einer älteren Grabung von Joseph Bohland jr. aus den Jahren 1948 bis 1950 untersucht und auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft werden. Im Dezember werden die Arbeiten abgeschlossen und das Loch wieder aufgefüllt.