Gott hinter Gittern
Durch die Corona-Krise fallen sonntags nicht nur die Gottesdienste in unseren Pfarrgemeinden aus, sondern auch in zahlreichen Einrichtungen. Besonders betroffen sind davon die Gefängnisse. In einem Raum, in dem man ohnehin nicht viele sozialen Kontakte pflegen kann, schmerzt es umso mehr, wenn diese wichtige Form des Miteinanders mit Gott und mit anderen Menschen wegfällt.
Angelika Röde, Gefängnisseelsorgerin im Frauengefängnis Hildesheim, sah die Sehnsucht der Frauen dort und unterstützte sie, sich selbst zu einem Gebet zusammenzufinden. Sie berichtet:
Am Samstag habe ich den Frauen in der JVA in Hildesheim einen Gottesdienst in Form eines Gebetszettels und eine schöne Postkarte gebracht, da der geplante Sonntagsgottesdienst aufgrund der Corona-Krise leider nicht stattfinden konnte. Ich habe sie ermutigt, am Sonntag in Verbindung mit vielen anderen Menschen in der Stadt auf diese Weise Gottesdienst zu feiern.
Am Montag war ich wieder dort und die Frauen berichteten mir, dass sie sich am Sonntag mit 8 Frauen auf einem Flur getroffen haben – mit genügend Abstand natürlich.
Sie haben aufgeteilt, wer was liest, dann haben sie dem Glockengeläut der Godehardbasilika gelauscht und um 10 Uhr mit „ihrem“ Gottesdienst auf dem Flur begonnen. Es wurde gemeinsam und im Wechsel gebetet. Obwohl es von einigen anderen belächelt wurde, haben sie sich nicht davon abbringen lassen. Den Abschluss bildete das Halleluja von Leonard Cohen, welches sie sich gemeinsam angehört und teilweise auch mitgesungen haben. Danach hätten die meisten Frauen Tränen in den Augen gehabt, sagte mir eine der Frauen.
Die Tränen hatte ich mittlerweile auch in den Augen. Ich war richtig sprachlos, als sie mir freudestrahlend von ihrem Gottesdienst berichteten, wie gut ihnen das gemeinsame Beten getan hat.
Welche Energie und welche Gaben werden da freigesetzt?! Es ist wunderbar, zu sehen, was aus kleinen Samenkörnern entstehen kann. Große Dinge beginnen oft klitzeklein.
Ein Wort aus der Bibel kommt mir dazu in den Sinn: „Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe …. und der Besonnenheit.”