Der andere Donnerstag
Bischof Dr. Heiner Wilmer SCJ lädt ein, der Spur der ersten Christinnen und Christen zu folgen, wie es in der Apostelgeschichte (Apg 2,42) berichtet wird - und regelmäßig in Gemeinschaft zu beten und zu essen.
„In Gemeinschaft beten und essen“: So beginnt Glaube! So wächst Glaube! Das war bei den ersten Christinnen und Christen so, das ist heute so und das wird uns auch in Zukunft als Kirche stark machen.
Erfüllt vom Geist konnten die Jüngerinnen und Jünger damals gar nicht anders, als die Türen aufzureißen, hinauszugehen und begeistert die Frohe Botschaft zu verkündigen. Aber sie blieben als Gemeinschaft zusammen und gewannen Kraft aus ihren Wurzeln, aus dem, was trägt: der Lehre der Apostel von der Auferweckung Jesu, ihrer Gemeinschaft, ihren Gebeten, ihren Feiern im Brechen des Brotes.
Den Glauben leben und ihn mit anderen teilen - das braucht Kirche heute mehr denn je. Machen wir uns also auf den Weg: Jetzt. In allen Gemeinschaften. Jeden Donnerstag ... oder jeden Dienstag.
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„Tag für Tag verharrten sie einmütig im Tempel, brachen in ihren Häusern das Brot und hielten miteinander Mahl in Freude und Lauterkeit des Herzens.“
(Apg 2,46)
Zur Aktion
Natürlich ist das, was wir in der Apostelgeschichte lesen, kein „Tatsachenbericht“ über das Leben der jungen, entstehenden christlichen Gemeinde. Manches ist Erinnerung, anderes mehr Wunsch und Hoffnung als Wirklichkeit.
Inspirierend ist es dennoch – auch für uns heute, wohlwissend, dass wir in einer völlig anderen Situation sind, wenn wir heutzutage unseren Glauben authentisch zu leben versuchen.
Beeindruckend an diesen Passagen in der Apostelgeschichte ist die „Einfachheit“ des Erzählten. Da werden keine monströsen pastoralen Programme und Projekte aufgelegt; da wird nicht in wilden Missionsaktionismus ausgeartet. Da braucht es weder Reichtümer noch theologisches Fachpersonal – den eigenen Glauben in Gemeinschaft zu leben, das geht ganz einfach, wenn ich nur will.
Ob das in der Jerusalemer Urgemeinde immer ganz spannungsfrei funktioniert hat, kann dahingestellt bleiben – die „Zutaten“ sind auf jeden Fall einfach und klar und laden dazu ein, auch heute damit zu experimentieren:
- „Gemeinschaft“: sich treffen, versammeln, zusammenkommen
- „Lehre der Apostel“: sich von der Heiligen Schrift anregen/ansprechen lassen und über den Glauben ins Gespräch kommen; Bibel und Leben miteinander teilen
- „Brot brechen“/„miteinander Mahl halten“: gemeinsames (Kochen und) Essen sind grundlegend – für das menschliche Zusammenleben an sich und für christliche Gemeinschaften im Besonderen.
Diese schlichten „Grundzutaten“ sind völlig ausreichend, um ein geistlich-spirituell tiefes und stärkendes Beisammensein erleben zu können.
Dabei steht die Bibel als Wort Gottes nicht zufällig im Mittelpunkt: In den Worten der Heiligen Schrift begegnen wir Gott, in ihnen ist Christus selbst gegenwärtig – so die zentrale Glaubensüberzeugung. Es versteht sich von selbst, dass dies kein Automatismus ist: Eine „religiöse Erfahrung“ (was auch immer darunter konkret/genau verstanden wird) stellt sich nicht automatisch ein, wenn ich (in Gemeinschaft) die Bibel lese. Aber wenn wir in Offenheit da rangehen und dem Wirken des Heiligen Geistes etwas zutrauen, dann kann sich Mehr ereignen, als rein menschlich machbar ist.
Hilfen zur Organisation
Von daher braucht es für einen „anderen Donnerstag“ nicht viel. Die Möglichkeiten sind nahezu unbegrenzt und der konkrete Rahmen ist je nach den Möglichkeiten (Ort, persönliche Vorlieben) vielfältig gestaltbar. Auf jeden Fall braucht es eine:n Gastgeber:in, die/der einlädt und für den (räumlichen, inhaltlichen …) Rahmen sorgt – das kann natürlich auch ein Paar, eine Gruppe, ein Team sein.
Entscheidend ist: Egal, wie wir es angehen – falsch machen können wir dabei nichts. Unverkrampft und mit Spaß, experimentierfreudig und mit Leidenschaft – dann wird es gelingen. Denn über allem, was wir da geistlich in Gemeinschaft tun, schwebt eine großartige Verheißung:
„Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“
(Mt 18,20)
Skizziert seien ein paar basale Grundelemente, die hilfreich sein können:
Mahlhalten
Miteinander zu essen, das macht seit frühester Zeit geradezu das Wesen des Christentums aus – und dies ist zutiefst in der Praxis Jesu verankert. Wann und wie (vorbereitet, Mitbringbuffet, Picknick …) dies am Abend erfolgt – auch hier-für gibt es zahlreiche Varianten. Wenn die TN hungrig aus dem Arbeitsalltag zu-sammenkommen, dann könnte es sinnvoll sein, mit dem gemeinsamen Essen zu beginnen. In anderer Konstellation schließt sich das Essen an Schritt (5) an. Oder das Mahl wird in den Gesamtablauf eingebaut – beispielsweise könnte Schritt (4) auch gut während des Essens stattfinden.
1. Ankommen
Die Menschen kommen an und werden begrüßt. Vielleicht ist ein lockeres Plaudern und/oder eine Ankommrunde gut (Wie geht es mir gerade? Was beschäftigt mich? Was habe ich in der vergangenen Woche/Zeit erlebt? Wie bin ich gerade drauf? …). Sollten sich die TN untereinander nicht (gut) kennen, ist sicherlich eine kurze Vorstellungsrunde sinnvoll.
Anschließend führt ein „geistliches Ankommen“ die Gruppe als Glaubens-/Gebetsgemeinschaft für den Abend zusammen. Ob Stuhlkreis oder Tisch oder wie auch immer: sich bewusst zusammenzusetzen hilft, den Alltag ein wenig hinter sich zu lassen und Gott in der Mitte zu begrüßen. Vielleicht wird eine Kerze angezündet. Vielleicht wird die Bibel in der Runde von Hand zu Hand weitergegeben. Auch ein gemeinsames Kreuzzeichen zur Eröffnung kann passen. An kleinen Einstiegsritualen herrscht kein Mangel; es lohnt sich, Unterschiedliches zu erproben – vielleicht findet eine Gruppe ja auch „ihr“ Ritual. Ein Lied kann zur Einstimmung gute Dienste leisten; „Gottes Wort ist wie Licht in der Nacht“ (Gotteslob Nr. 450) ist erfahrungsgemäß leicht zu singen und kann gut einstimmen (das Lied kann auch immer wieder, geradezu gliedernd, in den Gesamtablauf eingebaut werden). Auch ein eröffnendes Gebet (frei gesprochen oder vorformuliert) ist empfehlenswert (mögliche Inhalte: Bitte um Gottes Geist, Bitte um offene Ohren und Herzen, Bitte darum, dass Gott in seinem Wort uns nahekommen möge).
2. Begegnung mit dem Wort Gottes
Es gibt vielfältige Möglichkeiten, die Bibel (und das Leben) miteinander zu teilen. Ob es das „klassische“ Bibelteilen (7-Schritt-Methode/Lumko-Methode) ist, das Lectio-divina-Lesemodell des Bibelwerks oder eine individuell abgewandelte Form – entscheidend ist, dass in Ruhe und verlangsamt dem Wort Gottes Raum gegeben und dem nachgespürt wird, was das Wort Gottes mir und uns sagen kann, will.
Gut ist, wenn alle TN ihre eigene Bibel dabei haben (sollte mit Unterstreichen, Markieren … gearbeitet werden, dann könnten kopierte Textblätter passend sein – online finden sich zahlreiche deutsche Bibeln unter www.bibelserver.de). Es empfiehlt sich, dass der Bibeltext eingangs von zwei Personen vorgelesen wird (weitere Lesungen können in den weiteren Ablauf eingebaut werden). Dann kann jede:r den Text mind. einmal hören. Eine Zeit der Stille/des Schweigens ermöglicht die individuelle Begegnung mit dem Wort Gottes sowie das Nachklingen.
Stellt sich natürlich die Frage, welcher Text aus der unübersehbaren Vielfalt der Bibel konkret gelesen wird. Darauf gibt es natürlich keine allgemeingültige Antwort. Man kann gemeinsam einen suchen oder sich vom „Zufall“ leiten lassen – eine gute Möglichkeit ist auch, sich von der Leseordnung gewissermaßen einen Text „schenken“ zu lassen. Das kann ein Text des jeweiligen Tages sein oder auch eine Lesung/das Evangelium des kommenden Sonntags. Die Erzabteil St. Martin in Beuron stellt die jeweiligen Texte online zur Verfügung: Schott St. Beuron (hier kann auch ein bestimmter Tag gesucht werden). Und natürlich muss das nicht immer der „ganze“ Text sein – manchmal ist ein kurzer Abschnitt oder auch nur ein Satz (z. B. einer Tageslosung) genau richtig, z. B. „Die Losungen. Gottes Wort für jeden Tag“.
3. Resonanz
Nach einer Zeit der Stille, in der jede:r den Bibeltext noch mal für sich „verkosten“ kann, wird dazu eingeladen, die Worte/Sätze/… laut auszusprechen, die jemanden berührt, nachdenklich gemacht haben, an denen jemand hängen geblieben bzw. über die jemand gestolpert ist (die Worte/Sätze können auch zweimal oder dreimal wiederholt werden). Zwischen den einzelnen Worten/Sätzen wird jeweils kurz Stille gehalten.
4. Glaubens-/Lebensgespräch
Es kann sich ein lockerer Austausch darüber anschließen, warum mich heute gerade dieses Wort, dieser Vers angesprochen, herausgefordert hat. Was hat dieses Wort Gottes (für mich!) mit meinem Leben, meinem Glauben zu tun?
5. Ausklingen
So wie der Abend einen gut gestalteten Einstieg braucht, so braucht es auch einen stimmigen Abschluss. Vielleicht singt die Gruppe (wieder) gemeinsam ein Lied. Freies Gebet mit Bitte, Dank … könnte hier seinen Platz haben – auch das Vaterunser könnte den gemeinsamen Glaubensweg stimmig abrunden, ebenso ein Segenswort zum Schluss.
Ansprechpartner
PD Dr. Christian Schramm
Referent für Glaubenskommunikation und Bibel im Bistum Hildesheim
Bischöfliches Generalvikariat | Bereich Sendung
Abteilung Kirchliche Transformationsprozesse | Fachbereich Glaubenswege
Domhof 18 – 21
31134 Hildesheim
Telefon: 05121 307-312
christian.schramm(ät)bistum-hildesheim.de
Dr. Julia Niemann
Bischöfliches Generalvikariat | Bereich Sendung
Domhof 18 – 21
31134 Hildesheim
Telefon: 05121 307-311
E-Mail: julia.niemann(ät)bistum-hildesheim.de